Erklärung der Schilddrüsenlaborwerte, Teil 1: Schilddrüsenhormonwerte

Für die Beurteilung der Schilddrüsenfunktionslage (Schilddrüsenunterfunktion = Hypothyreose, Schilddrüsenüberfunktion = Hyperthyreose) sind die Untersuchungen der Schilddrüsenhormone (TSH, fT3, fT4) wichtig. Die Diagnose der autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen (Morbus Basedow, Hashimoto-Thyreoiditis) wird unter anderem anhand der Autoantikörper (TPO-AK, TG-AK, TRAK) gestellt. Nachfolgend werden die Schilddrüsenhormone erläutert. Die Erklärung der Schilddrüsenautoantikörper (Teil 2) finden Sie unter → Schilddrüsenautoantikörper
- TSH (Thyreoidea Stimulating Hormon)
- fT4 (Tetrajodthyronin)
- fT3 (Trijodthyronin)
- TRH (Thyreotropin Releasing Hormon)
- Kalzitonin
Hintergrundwissen: Normal- oder Referenzbereiche
Für eine medizinische Beurteilung der vorgenannten Laborwerte (TSH, fT3, fT4, TRH, Kalzitonin, TPO-AK, TG-AK, TRAK) sind zuverlässige Entscheidungsgrenzen erforderlich.
Diese sollen der Ärztin/dem Arzt angeben, ob eine bestimmte Krankheit vorliegt oder ausgeschlossen werden kann (sog. Ausschlussdiagnostik) beziehungsweise ob von einer Verbesserung beziehungsweise Verschlechterung einer Erkrankung auszugehen ist (sog. Verlaufskontrolle).
In der Medizin gibt es dazu Normal- oder Referenzbereiche. Diese umfassen eine Spanne von Werten, die bei rund 95 Prozent aller gesunden Untersuchten gefunden wurden.
Die gemessenen Werte der einzelnen Schilddrüsenhormone und Schilddrüsenautoantikörper können nur in Abhängigkeit dieser Normal- oder Referenzbereiche korrekt beurteilt werden.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich diese Normal- oder Referenzbereiche je nach Labor und verwendeter Messmethode unterscheiden können. In einem Labor gemessene Schilddrüsenwerte kann man also nicht einfach mit den Normal- oder Referenzbereichen eines anderen Labors vergleichen.
TSH (Thyreoidea Stimulating Hormon)
Das TSH wird von der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) produziert und regt die Schilddrüse zur Bildung der Schilddrüsenhormone fT3 und fT4 an. Das TSH gilt als der wichtigste Schilddrüsenwert. Die Bestimmung des TSH ist deshalb Basis jeder Schilddrüsenfunktionsdiagnostik!
Normalbereich: 0,3 – 2,5 mU/l.
Erhöhte Werte (grösser als 2,0 – 2,5 mU/l): Die Schilddrüse produziert zu wenige Hormone oder die von außen zugeführte Schilddrüsenhormondosis ist zu niedrig. Es liegt eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) vor. Erhöhte Werte bedürfen einer weiteren Abklärung, so dass zusätzlich die Konzentrationen von fT3 und fT4 bzw. bei der Erstdiagnostik die Schilddrüsenautoantikörper TG-AK und TPO-AK bestimmt werden müssen.
Unter der Therapie mit Schilddrüsenhormonen wird in der Regel eine Einstellung des TSH im Bereich 0,5 – 1,0 mU/l empfohlen!
Erniedrigte Werte (kleiner als 0,1 – 0,3 mU/l): Die Schilddrüse produziert zu viele Hormone oder die von außen zugeführte Schilddrüsenhormondosis ist zu hoch (Bezeichnung: hyperthyreosis factitia, iatrogene Hyperthyreose). Es liegt eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) vor. Ausnahme: Bei Einnahme eines T3-/T4-Kombinationspräparates oder auch durch bestimmte Schilddrüsenautoantikörper (TRAK beim Morbus Basedow oder auch Mischformen zur Hashimoto-Thyreoiditis) kann das TSH verfälscht zu niedrig ausfallen ohne dass eine behandlungsbedürftige Hyperthyreose vorliegt. Erniedrigte Werte bedürfen aber ebenfalls einer weiteren Abklärung, so dass zusätzlich die Konzentrationen von fT3 und fT4 bzw. bei der Erstdiagnostik die Schilddrüsenautoantikörper TG-AK, TPO-AK und TRAK bestimmt werden müssen.
fT4 (Tetrajodthyronin)
Wichtig: Während der Behandlung mit Schilddrüsenhormonen d.h. der täglichen Einnahme eines Schilddrüsenhormonpräparats sollte die letzte Medikamenteneinnahme 24 Stunden zurückliegen, da ansonsten verfälscht zu hohe ft4-Werte gemessen werden!
Normalbereich: 0,8 – 1,8 ng/dl (8 – 18 pg/ml) bzw. 10 – 23 pmol/l.
Unter einer Therapie mit Schilddrüsenhormonen legen einige SchilddrüsenexpertInnen eine erweiterte obere Normbereichsgrenze (laborabhängig 2,5 bis 3,5 ng/dl) für das fT4 zugrunde. Dies beruht meines Erachtens auf ärztlichem Erfahrungswissen, d.h. wissenschaftliche Studien dazu sind mir nicht bekannt.
Erhöhte Werte: Es liegt eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose, Überschuss an Schilddrüsenhormonen) vor.
Erniedrigte Werte: Es liegt eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose, Mangel an Schilddrüsenhormonen) vor.
fT3 (Trijodthyronin)
Im Gegensatz zum fT4 ist das fT3 erst bei ausgeprägten Schilddrüsenfehlfunktionen (Hypo- bzw. Hyperthyreosen) erniedrigt bzw. erhöht, da der Körper die bedarfsgerechte Umwandlung abhängig vom jeweiligen Bedarf steuern kann.
Normalbereich: 2,0 – 4,5 pg/ml bzw. 5,4 – 12,3 pmol/l.
Erhöhte Werte: Es liegt eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) vor.
Erniedrigte Werte: Es liegt eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) vor. Bei länger andauernden schweren Erkrankungen kann das fT3 erniedrigt sein auch ohne dass eine Hypothyreose vorliegt (Low T3-Syndrom).
Hintergrundwissen: freie Schilddrüsenhormone oder Gesamt-Hormonkonzentrationen
Bezüglich der Schilddrüsenhormonwerte besteht grundsätzlich die Möglichkeit entweder die Konzentrationen der freien Schilddrüsenhormone (fT3, fT4) oder die Gesamthormonkonzentrationen (T3, T4) zu bestimmen.
Medizinisch sinnvoll ist nur die Bestimmung der freien Schilddrüsenhormone!
Begründung: Der größte Teil der Schilddrüsenhormone ist an Bindungseiweiße wie das Thyreoglobulin, Transthyretin (Präalbumin) und Albumin gebunden. Nur ein sehr geringer Teil der Schilddrüsenhormone liegt ungebunden (frei) vor. Da aber ausschließlich die freien Schilddrüsenhormone im Stoffwechsel wirksam sind, ist es sinnvoller diesen Teil zu messen, als die Gesamthormonkonzentrationen (gebundene + freie Hormone).
Außerdem ist die Messgenauigkeit bei der Bestimmung der freien Hormone höher als bei der Bestimmung der gebundenen Hormone. Die Anzahl der Bindungseiweiße und damit der gebundenen Hormone kann beispielsweise durch die Einnahme von Östrogenen oder während einer Schwangerschaft erhöht sein. Dagegen hat die Bestimmung der freien Hormone den Vorteil, dass sie von Veränderungen der Bindungsproteine unabhängig ist.
TRH (Thyreotropin Releasing Hormon)
Das TRH (Thyreotropin-Releasing-Hormon) ist ein Hormon, das im Hypothalamus, einem Bereich des Zwischenhirns, gebildet wird. Seine Hauptaufgabe besteht darin, die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) zur Freisetzung von TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon) zu stimulieren. TSH wiederum regt die Schilddrüse an, die Hormone T3 und T4 zu produzieren und auszuschütten, die für die Regulierung des Stoffwechsels entscheidend sind.
Die Bestimmung des TRH im Blut ist in der klinischen Praxis jedoch äußerst selten notwendig, da die meisten Schilddrüsenerkrankungen ausreichend durch die Messung von TSH, fT3 und fT4 diagnostiziert werden können.
Der Normalbereich für TRH liegt ungefähr zwischen 2,5 und 25 mU/l.
Ein erhöhter TRH-Wert deutet in der Regel auf einen Mangel an Schilddrüsenhormonen hin, also auf eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose). Dies liegt daran, dass bei einem niedrigen Spiegel von Schilddrüsenhormonen der Hypothalamus vermehrt TRH ausschüttet, um die Hypophyse zur TSH-Freisetzung anzuregen und somit die Schilddrüse stärker zu stimulieren.
Kalzitonin
Das Kalzitonin wird von den C-Zellen (parafollikulären Zellen) der Schilddrüse gebildet und spielt eine wichtige Rolle bei der Regulation des Kalzium- und Phosphathaushalts im Körper. Es senkt den Kalziumspiegel im Blut, indem es die Aktivität der Osteoklasten hemmt – das sind die Zellen, die Knochen abbauen und Kalzium freisetzen. Dadurch wird die Freisetzung von Kalzium aus den Knochen reduziert und der Kalziumspiegel im Blut gesenkt.
Von besonderer Bedeutung ist das Kalzitonin vor allem als Tumormarker für das medulläre Schilddrüsenkarzinom, auch C-Zell-Karzinom genannt. Dieses ist eine spezielle Form von Schilddrüsenkrebs, die von den C-Zellen ausgeht und durch erhöhte Kalzitoninwerte im Blut oft frühzeitig erkannt werden kann.
Bei den meisten anderen Schilddrüsenerkrankungen, wie beispielsweise Schilddrüsenentzündungen oder der Schilddrüsenüber- oder -unterfunktion, ist die Bestimmung des Kalzitonins in der Regel nicht erforderlich.
Wichtig zu beachten ist, dass erhöhte Kalzitoninwerte zwar auf ein medulläres Schilddrüsenkarzinom hindeuten können, aber auch durch gutartige oder harmlose Ursachen ausgelöst werden können, beispielsweise durch bestimmte Medikamente, andere Tumorarten oder entzündliche Prozesse.
Daher sollte ein veränderter Kalzitonin-Wert immer möglichst zeitnah von einer Fachärztin oder einem Facharzt für Endokrinologie, Nuklearmedizin oder einem Schilddrüsenspezialisten weiter abgeklärt werden, um die Ursache abzuklären und gegebenenfalls die notwendigen therapeutischen Schritte einzuleiten.
Dieser Text wurde zuletzt am 15. Juni 2025 aktualisiert.