Frauen erkranken häufiger an der Schilddrüse als Männer

Frauen leiden deutlich häufiger an Krankheiten der Schilddrüse als Männer. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Ein Grund ist, dass Frauen aufgrund ihrer Hormonzyklen anfälliger für Schilddrüsenerkrankungen sind. Pubertät, Schwangerschaft, Menopause und hormonelle Veränderungen können alle Auswirkungen auf die Schilddrüse haben.

Darüber hinaus haben Frauen auch ein höheres Risiko für Autoimmunerkrankungen, die häufig mit Schilddrüsenerkrankungen verbunden sind. Insbesondere wenn es um die autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen geht sind Frauen das schwache Geschlecht. Sie erkranken öfter daran. Von der am weitesten verbreiteten Krankheit der Schilddrüse, der → Hashimoto-Thyreoiditis, sind beispielsweise zehnmal mehr Frauen als Männer betroffen.

Zusammenhänge bisher nur unzureichend erforscht – Gefahr psychischer Fehldiagnosen

Insgesamt muss man aber leider sagen, dass die genderspezifischen Aspekte von Schilddrüsenerkrankungen noch nicht allzu gut erforscht sind. Es gibt inzwischen zwar umfangreiche Erkenntnisse zum Thema Schilddrüse und Schwangerschaft, aber wenn es um Zyklusstörungen bei schilddrüsenkranken Patientinnen geht oder gar um das Thema Wechseljahre ist das vorhandene Wissen mehr als dürftig.

Nach meinem Eindruck spielt auch unverändert die Tatsache eine Rolle, dass wir Frauen tendenziell eher für psychisch krank gehalten werden als Männer. Es gibt scheinbar immer einen „Grund“ warum man uns Frauen Wehleidigkeit oder gar Hypochondrie unterstellen kann. Und das Schlimmste ist – Schilddrüsenfunktionsstörungen verursachen meistens genau die Symptome die es ÄrztInnen leicht machen eine psychische Diagnose zu stellen. Dazu gehören zum Beispiel Nervosität, Ängstlichkeit, Stressempfindlichkeit, Weinerlichkeit, Erschöpfung und mit ihnen die Diagnosen Burnout, Depression und Angststörung.

Die Hashimoto-Thyreoiditis ist keine psychische Erkrankung. Und doch führen weit verbreitete Beschwerden wie innere Unruhe, Unsicherheit, Selbstzweifel, Schlafstörungen und Erschöpfungszustände gerade im Anfangsstadium der Autoimmunerkrankung häufig zu entsprechenden Fehldiagnosen ( Angststörung, Burnout, Depression). Für die betroffenen SchilddrüsenpatientInnen bedeutet das oftmals den Beginn eines jahreslangen Leidensweges.

Komplizierte Wechselbeziehungen zwischen weiblichen Sexualhormonen und Schilddrüsenhormonen

Als eine mögliche Ursache für das gehäufte Auftreten von Schilddrüsenkrankheiten bei Frauen wird das komplexe Zusammenspiel des Hormonsystems, nicht zuletzt zwischen weiblichen Sexualhormonen und Schilddrüsenhormonen, vermutet.

Es sind mehrere Wechselwirkungen zwischen Schilddrüsenhormonen und Sexualhormonen bekannt. So können Schilddrüsenhormone die Produktion von Sexualhormonen beeinflussen und umgekehrt. Ein Mangel an Schilddrüsenhormonen kann zu einer verminderten Produktion von Sexualhormonen führen, was zu sexuellen Funktionsstörungen führen kann. Umgekehrt können hohe Spiegel von Sexualhormonen die Schilddrüsenfunktion beeinträchtigen und zu einer Über- oder Unterfunktion führen.

Hinzu kommt, dass die weiblichen Sexualhormone Östrogen und Progesteron auch einen direkten Einfluss auf den Autoimmunprozess der Schilddrüse haben sollen. Von erhöhten Östrogenspiegeln wird dabei angenommen, dass sie den Autoimmunprozess der Schilddrüse stimulieren, sich also negativ auf die Hashimoto-Thyreoiditis oder den Morbus Basedow auswirken. Von erhöhten Progesteronspiegeln nimmt man im Gegensatz dazu an, dass diese sogar eher ausgleichend und beruhigend auf den Autoimmunprozess wirken.

Deshalb wäre es eigentlich wichtig, dass Frauen mit nachgewiesenen Schilddrüsenerkrankungen ihre Hormonspiegel regelmäßig überwachen lassen und gegebenenfalls auch eine Behandlung bei begleitend auftretenden Störungen der Sexualhormone zu erhalten. Aber die Realität sieht leider oft so aus, dass Frauen um einen Hormonstatus regelrecht betteln müssen. Für ältere Frauen, die keinen Kinderwunsch mehr haben, sind die Chancen diesbezüglich besonders gering.


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Dieser Artikel wurde vollständig überarbeitet und am 10.05.23 neu veröffentlicht.