Hashimoto-Thyreoiditis: Einschränkungen der Lebensqualität
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Zahlreiche Hashimoto-Thyreoiditis-Betroffene leiden trotz Schilddrüsenhormontherapie dauerhaft unter quälenden Krankheitssymptomen.
Wenn Sie sich bereits Aussagen wie „Nehmen Sie Ihre Hormone und dann ist alles gut!?“ oder „Ihre Werte sind in Ordnung, kommen Sie in einem Jahr zur Kontrolle.“ von Ihrem behandelnden Arzt anhören mussten, obwohl Sie alles andere als beschwerdefrei sind, dann geht es Ihnen wie sehr vielen Betroffenen der autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen. Es wäre zwar sehr schön, wenn es denn immer so einfach wäre, wie viele Ärzte es ihren Patienten bei der Diagnose erzählen. Aber die Realität sieht später leider oft ganz anders aus. Ein Teil der Hashimoto-Thyreoiditis- und auch Morbus-Basedow-Erkrankten (genaue Zahlen sind nicht bekannt) leidet trotz einer durch die Behandlung mit Schilddrüsenhormonpräparaten euthyreoten Stoffwechsellage an anhaltenden Beschwerden wie ausgeprägten Lokalsymptomen, einem Grippegefühl, Muskel- und Gelenkschmerzen, Erschöpfungszuständen und Konzentrationsstörungen. Ein weiteres Problem ist die ungewollte Kinderlosigkeit von Frauen mit einer autoimmunen Schilddrüsenerkrankung. Obwohl dieser Umstand, wie nachfolgende Aussagen und Studien verdeutlichen, Schilddrüsenexperten längst bekannt ist – warum dies so ist, konnte bislang nicht eindeutig geklärt werden. Vermutet wird ein Zusammenhang mit dem überaktiven Immunsystem bzw. den oft sehr stark erhöhten Antikörpern, über deren genaue Auswirkungen nur wenig bekannt ist.
Da aber selbst ausgewiesene Schilddrüsenexperten mangels wissenschaftlicher Forschung nur über ein sehr begrenztes Wissen diesbezüglich verfügen ist es verständlich, dass weniger spezialisierte Ärzte aus Unkenntnis heraus Betroffenen der autoimmunen Schilddrüsenerkrankung eine psychosomatische Erkrankung unterstellen.
psychosomatisch (griech. psyche = Seele, griech. soma = Körper) Erkrankung mit körperlichen und/oder seelischen Beschwerden für die keine organische Ursache gefunden werden kann und deren Auslöser deshalb in einer psychischen Störung vermutet wird. Ein selbstkritischer Arzt würde sagen: „Ich weiß nicht, was Sie haben!“ Bis vor wenigen Jahren galten beispielsweise etliche Krankheiten des Magens als psychosomatisch bedingt. Fast jeder kennt Äußerungen wie: „Das schlägt dir auf den Magen.“ oder „Das kommt, weil du deinen Ärger immer nur hinunterschluckst.“ Heute weiß man, dass eine Infektion mit dem Bakterium heliobacter pylori an der Entstehung der unterschiedlichen Magenerkrankungen wie Magenschleimhautentzündung, Magengeschwür bis hin zum Magenkrebs maßgeblich beteiligt ist. Leider wird vielen Betroffenen der autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen aus Unkenntnis über die ohnehin wenig erforschten Zusammenhänge heutzutage ähnliches Unrecht zugefügt.
Zu welchen dauerhaften Einschränkungen kann es kommen?
- Problematische, schwer kontrollierbare Krankheitsverläufe
- Unzureichende und/oder instabile Hormonsubstitution
- Schmerzhafte Lokalsymptome im Bereich der Schilddrüse
- Starke Muskel- und Gelenkschmerzen
- Anhaltende Konzentrationsstörungen sowie eine verminderte Gedächtnisleistung
- Depressionen und Angstzustände
- Ungewollte Kinderlosigkeit, häufigere Fehlgeburten und Schwangerschaftskomplikationen
Problematische, schwer kontrollierbare Krankheitsverläufe
Man fühlt sich zuweilen wie ein Hypochonder, wenn man mit den unterschiedlichsten schilddrüsenbedingten Krankheitssymptomen vor einem Arzt sitzt und dieser im Brustton der Überzeugung verkündet: „Die Stoffwechsellage ist euthyreot – von der Schilddrüsenerkrankung können Ihre Beschwerden also nicht kommen.“ Widerspricht man wird dies entweder ignoriert oder der Arzt entgegnet „Sie steigern sich da hinein – andere Schilddrüsenpatienten haben auch nicht solche Probleme!“. Letztere Aussage ist eindeutig falsch, wenn gleich bislang nur sehr wenig darüber bekannt ist warum die Hashimoto-Thyreoiditis und auch der Morbus Basedow individuell so unterschiedlich verlaufen. Verlässliches Zahlenmaterial und eine wissenschaftliche Ursachenforschung fehlen bislang. Schätzungen gehen allerdings dahin, dass ungefähr 80 % der Betroffenen unter einer Therapie annähernd beschwerdefrei sind, während bis zu 20 % der Schilddrüsenerkrankten mit hartnäckigen, lang anhaltenden Beschwerden zu kämpfen haben.
Einige Zitate zu dieser Problematik:
„Seit ein paar Jahren berichten behandelnde Ärzte, dass sie immer häufiger Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse diagnostizieren, wobei diese Beobachtung entgegengesetzt der freiwilligen Jodierung von Lebensmitteln in der Bundesrepublik Deutschland verläuft. Außerdem treten immer häufiger Problemfälle unter diesen Autoimmunerkrankten auf. Insbesondere bei Patienten mit einer Hashimoto-Thyreoiditis, deren Symptome sich scheinbar nicht so einfach mit den klassischen Mitteln bei Schilddrüsenunterfunktion beheben lassen.“ (L. A. Hotze: „Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse – Mögliche Ursachen, Folgen und Behandlungsmöglichkeiten“, Mainz-Kasteler Arzt-Patienten-Seminar 2002)
„Die Symptome der Hashimoto Thyreoiditis sind unterschiedlich. Neben symptomlosen oder relativ symptomlosen Erkrankungsformen, die durch eine Regulierung der Schilddrüsenhormone vollständig behoben werden können, gibt es Verläufe mit zahlreichen unterschiedlichen und oft verwirrenden Symptomen.“ (U. Cordes, W. Omran, C. Wüster, www.endokrinologie-mainz.de, Zugriff am 18.07.2006)
„Wenig bekannt ist, dass es neben einer Vielzahl von Betroffenen mit geringen oder fehlenden Beschwerden (durch eine hormonelle Behandlung) einen Anteil Erkrankter gibt, die unter zahlreichen unterschiedlichen und teilweise schwer fassbaren und schwierig zu behandelnden Beschwerden leiden. Diese werden nur allzu oft für eingebildete Kranke gehalten und irren jahrelang von Arzt zu Arzt, ohne dass die richtige Diagnose gefunden oder eine entsprechende Behandlung begonnen wird.“ (L. Brakebusch, A. E. Heufelder: „Leben mit Hashimoto-Thyreoiditis“, Zuckschwerdt-Verlag, München 2004)
„Die Beschwerden sind individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt. 80% der Betroffene haben mit einer angepassten hormonellen Behandlung keine oder geringe Beschwerden. 20% der Erkrankten zeigen zahlreiche Beschwerden, die mit einer Hormontherapie nicht immer vollständig verschwinden.“ (Deutsche Gesellschaft für Autoimmunerkrankungen e. V., www.autoimmun.org, Zugriff am 17.08.06)
„Eine Besonderheit der Schilddrüsenerkrankung stellt die „Hashimoto-Erkrankung“, eine entzündliche Autoimmunerkrankung dar, bei der trotz ausgeglichenem Hormonhaushalt verschiedene körperliche Symptome auftreten.“ (Informationsmaterial der MDR- Sendung „Hauptsache Gesund – Unerkannt Schilddrüsenkrank“ vom 28.06.2007)
Unzureichende und/oder instabile Hormonsubstitution
Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass es eine erhebliche Dunkelziffer von Schilddrüsenpatienten gibt, deren Krankheitssymptome nicht als schilddrüsenbedingt erkannt und demzufolge falsch behandelt werden. So ist auffällig, dass bei unzähligen Betroffenen der autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen weitere Krankheitsdiagnosen gestellt wurden und die vermeintlich durch diese Erkrankungen verursachten Symptome sich dann plötzlich durch eine individuell angepasste Schilddrüsenhormontherapie bessern.
Die Hashimoto-Thyreoiditis wird oft als Schilddrüsenunterfunktion abgetan, die mit Schilddrüsenhormontabletten effektiv zu behandeln ist, weil exakt die – synthetisch hergestellte, aber von der Zusammensetzung mit dem natürlichen Schilddrüsenhormon identische – Hormonmenge zugeführt wird die durch den Funktionsausfall der Schilddrüse fehlt. Theoretisch klingt das einleuchtend, aber in der Praxis funktioniert das so einfach nicht. Zahlreichen Patienten mit einer Schilddrüsenunterfunktion geht es durch die Einnahme von Schilddrüsenhormontabletten zwar deutlich besser, aber sie erreichen eben nicht das körperliche Wohlbefinden was sie vor der Erkrankung hatten.
“We tell our patients, It’s really quite simple, your thyroid is not working (or has been removed or destroyed by our treatment). The tablet contains the natural hormone that your body cannot make. Don’t worry, you’ll be fine. For many of our patients, T4 therapy resolves their symptoms and they are fine. For some, however, this therapy remains unsatisfactory, with the persistence of specific symptoms or a failure to regain a normal sense of well-beeing.” (M. M. Kaplan, D. H. Sarne, A. B. Schneider: „In search of the impossible dream? Thyroid hormon replacement therapy that treats all symptoms in all hypothyroid patients“, J Clin Endoc a Metab 2003, 10(88): 4540 – 4542)
„A minority of the patients treated with L-thyroxine for hypothyroidism have complaints despite normalisation of the euthyroid state as judged by normal concentrations of thyrotrophin (TSH). […] In clinical practice, the adequacy of thyroid hormone supplementation is assessed by the measurement of TSH concentrations. This approach deserves two comments. First, it is remarkable that the normal values of TSH show a more than tenfold variation, between 0.4 and 4.5mU/l. Because, in clinical practice, the optimal TSH concentration for individual patients within this range is unknown, titration of the substitution dose of thyroxine within this tenfold variation is relatively crude. Secondly, the intrinsic assumption of many doctors in this approach is that normal TSH concentrations reflect adequate thyroid hormone concentrations, not only at the tissue level of the hypothalamus and the pituitary, but also in the other tissues. However, it is likely that this assumption is erroneous, because TSH is produced only by the pituitary gland and therefore may not reflect thyroid hormone status in tissues outside the hypothalamo–pituitary axis.“ (J. A. Romijn, J. W. Smit, S. W. J. Lamberts: „Intrinsic imperfections of endocrine replacement therapy“, Eur J Endoc 2003, 149: 91 – 97)
Lokalsymptome im Bereich der Schilddrüse
Bei jedem anderen Entzündungsprozess im menschlichen Körper gestehen Ärzte den Patienten damit im Zusammenhang stehende Schmerzen zu. Warum sollten deshalb ausgerechnet bei den Schilddrüsenentzündungen die zu einer fast vollständigen Zerstörung eines Organs führt keine Schmerzen auftreten können?
Richtig ist: Der autoimmune Entzündungsprozess verläuft in den meisten Fällen schmerzfrei oder geht mit nur mäßig ausgeprägten Beschwerden einher. Aber es gibt auch Ausnahmen, d. h. atypische Krankheitsverläufe mit starken Schmerzen im Bereich der Schilddrüse ähnlich wie sie von den akuten Schilddrüsenentzündungen her bekannt sind.
Oft ist neben stark erhöhten Antikörpern (TPO-AK, sowie meist zusätzlich TG-AK) eine Erhöhung des C-reaktiven Proteins feststellbar und es besteht Fieber. Die Behandlung mit L-Thyroxin bessert die Beschwerden meist nur geringfügig. Deshalb wird gelegentlich zusätzlich Cortison eingesetzt. Die Cortison-Therapie hat jedoch den Nachteil, dass sie die Symptome oft kurzfristig lindert, es aber nach dem Absetzen von Cortison zu einem Wiederaufflammen der Schmerzen kommt. Als Alternative gilt in diesen Fällen eine operative Schilddrüsenentfernung. (Quellen: L. Gourgiotis, N. Al-Zubaidi, M. C. Skarulis, D. A. Papanicolaou, S. K. Libutti, H. R. Alexander , M. J. Merino, N. J. Sarlis: „Successful outcome after surgical management in two cases of the „painful variant“ of Hashimoto’s thyroiditis“ Endoc Pract. 2002 , 4(8): 259 – 265 / Y. C. Kon, L. J. DeGroot: „Painful Hashimoto’s thyroiditis as an indication for thyroidectomy: clinical characteristics and outcome in seven patients“ J Clin Endoc a Metab 2003, 6(88): 2667 – 2672 / H. Ohye, S. Fukata, S. Kubota, I. Sasaki, Y. Takamura, F. Matsuzuka, N. Amino, K. Kuma, A. Miyauchi: „Successful treatment for recurrent painful Hashimoto’s thyroiditis by total thyroidectomy“, Thyroid 2005, 4(15): 340 – 345)
Entgegen der weit verbreiteten Meinung ist es auch nicht so, dass ausgeprägte Lokalsymptome nur bei einer Struma auftreten. Die atrophe Variante der Hashimoto-Thyreoiditis (Autoimmunthyreoiditis) kann ebenfalls mit einem Druck- und Engegefühl im Hals oder in den Unterkiefer ausstrahlenden Schmerzen einhergehen. Sehr häufig sind auch die Lymphknoten in der Halsregion tastbar vergrößert oder es kommt zu lokalen Hautrötungen. „Halsschmerzen, das Gefühl, einen Kloß im Hals zu haben und Heiserkeit können durch eine Hashimoto-Thyreoiditis ausgelöst werden. Diese Symptome können sowohl bei einer Vergrößerung als auch bei einer Verkleinerung auftreten. Manchmal treten die Symptome schubweise auf und werden von Phasen unterbrochen, in denen am Hals Beschwerdefreiheit besteht.“ (L. Brakebusch, A. E. Heufelder: „Leben mit Hashimoto-Thyreoiditis“, Zuckschwerdt-Verlag, München 2004, Seite 28 Lage der Schilddrüse und Untersuchungsmethoden)
Muskel- und Gelenkschmerzen
BRAKEBUSCH/HEUFELDER differenzieren zwischen Unter- bzw. Überfunktionssymptomen sowie Symptomen der Immunerkrankung die unabhängig von der Schilddrüsenstoffwechsellage auftreten können. Zu letzteren zählen sie Muskel- und Gelenkschmerzen, aber auch die Verhärtung von Sehnen und Muskeln. Sie vermuten als Ursache für hartnäckige Muskelschmerzen und -verhärtungen ein Einwandern von Entzündungszellen in die Muskulatur.
KRUG führt aus: „Häufig lassen sich bei Schilddrüsenentzündungen Antikörper gegen Gluten und Endomysium , das sind Bindegewebsfasern in den Muskeln nachweisen. Das wäre die Erklärung für den Zusammenhang unklarer Schmerzen im Bewegungsapparat und Glutenunverträglichkeit zumindest bei Hashimoto-Erkrankten.“ (M. Krug, www.ihre-privataerztin.de, Zugriff am 17.09.07)
Zahlreiche Betroffene berichten von schubweise auftretenden Muskelschmerzen ähnlich einem starken Muskelkater insbesondere im Bereich der Oberschenkelmuskulatur sowie etwas seltener über hartnäckige Rückenschmerzen. Teilweise sind ausgeprägte Muskelhärten tastbar. Die Gelenkschmerzen erstrecken sich oft auf die Hand- und Fingergelenke sowie zeitgleich auf die Fuß- und Zehengelenke. Bei einem Teil der Betroffenen klingen die Beschwerden ab, wenn die Schilddrüsenentzündung „ausgebrannt“ ist. In seltenen Fällen sind die Muskel- und Gelenkschmerzen so stark ausgeprägt, dass sie zu sehr großen Beeinträchtigungen der Lebensqualität führen. „[…] Zudem treten in ca. 20% der Fälle massive Schmerzen auf, die bis zur Berufsunfähigkeit führen können.“ (Onmeda, www.onmeda.de, Zugriff am 26.07.2006)
Gelegentlich werden zusätzlich zur Schilddrüsenerkrankung auch rheumatische Erkrankungen wie beispielsweise eine Fibromyalgie diagnostiziert, aber meist verläuft eine weiterführende Rheuma-Diagnostik ergebnislos, so dass nur symptomatisch behandelt werden kann. „Allgemein kann man sagen, dass es bei Autoimmunthyreopathien (Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse, z.B. Hashimoto-Thyreoiditis) genau die von Ihnen beschriebenen Symptome geben kann, z.B. Muskel- und Gelenkschmerzen, auch Gelenkschwellungen, weiterhin eine ganz ausgeprägte Müdigkeit bis hin zur vollständigen Erschöpfung wie bei einem chronischen Müdigkeitssyndrom / chronischem Erschöpfungssyndrom (chronic fatigue syndrome, CFS). Häufig bestehen auch Überlappungen zu einem Fibromyalgie-Syndrom, so dass bei einer ganzen Reihe von Patienten mit Autoimmunthyreopathie die Diagnose eines Fibromyalgie-Syndroms gestellt wird. Oft ist bei Autoimmunthyreopathien auch der ANA-Wert erhöht. Das ist dann eine Begleiterscheinung im Rahmen der Schilddrüsenerkrankung und begründet in der Regel nicht die zusätzliche und eigenständige Diagnose einer Kollagenose.“ (H. E. Langer, www.rheuma-online.de, Zugriff am 30.05.2006).
Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
Bei einer italienischen Studie wurden Personen mit hohen TPO-AK-Titern, echoarmem Schilddrüsenultraschall sowie normalen TSH sowie fT3 und fT4-Werten einbezogen. Die Arbeitsgruppe kam zu dem Schluss, dass das Zentrale Nervensystem offenbar weit stärker bei der Hashimoto-Thyreoiditis mit betroffen ist, als bisher angenommen wurde. Auch bei euthyreoter Stoffwechsellage können kognitive Defizite wie mangelnde Gedächtnisleistungen sowie Konzentrationsschwierigkeiten bestehen bleiben. (M. Piga, A. Serra, L. Deiana, G. L. Loi, L. Satta, M. Di Liberto, S. Mariotti: „Brain perfusion abnormalities in patients with euthyroid autoimmune thyroiditis“, Eur J Nucl Med Mol Imaging 2004, 12(31): 1639 – 1644)
Als Nebeneffekt wurde bei der Greifswalder T3/T4-Studie festgestellt, dass Patienten mit einer autoimmunen Schilddrüsenerkrankung bei den neuropsychologischen Tests schlechter abschnitten. Diese Ergebnisse weisen nach Ansicht der Arbeitsgruppe darauf hin, dass bei autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen das Beschwerdespektrum nicht nur durch die Schilddrüsenhormonspiegel erklärt werden kann. (W. Meng u. a.: „Replacement therapy with levothyroxine plus triiodothyronine is not superior to thyroxine alone to improve well-being and cognitive performance in hypothyroidism”. Clin Endoc 2004, 6(60): 750 – 757)
„Auch bei Patienten mit erworbener Hypothyreose zeigt sich neben der allgemeinen Verlangsamung eine Verschlechterung von Gedächtnisfunktionen. Auch hier findet sich eine Verminderung des Kurzzeitgedächtnisses und Konzentrationsprobleme. Die hirnorganischen Veränderungen verlaufen langsam progredient und führen unbehandelt zu einer Demenz. Sie können den internistischen und neurologischen Veränderungen vorausgehen. Eine Normalisierung kognitiver Parameter wird nach T4-Substitution nicht vollständig erreicht.“ (G. K. Stalla, M. Tichomirowa, L. Schaaf: „Zentralnervensystem und Schilddrüsenhormone“, Mit Dt Ges Endok 2003, 2)
Depressionen und Angstzustände
Psychische Probleme sind unverändert ein Tabuthema in unserer Gesellschaft. Bei vielen Schilddrüsenpatienten kommt noch erschwerend hinzu, dass ihnen in der Zeit vor ihrer oft fälschlicherweise eine psychische Erkrankung attestiert wurde. Deshalb hüten sich etliche Betroffene davor außerhalb ihres geschützten privaten Umfeldes oder anonym im Rahmen von Internetforen darüber zu sprechen oder zu schreiben.
Über das tatsächliche Ausmaß von psychischen Auffälligkeiten trotz euthyreoter Stoffwechsellage lassen sich also nur wenig verlässliche Aussagen treffen. Innerhalb der Aktion „Farbe bekennen“ wurden psychische Probleme allerdings in einem nennenswerten Umfang erwähnt. Diesbezüglich wurden von den 895 teilnehmenden Hashimoto-Thyreoiditis-Erkrankten insbesondere Depressionen (148), Angst- und Panikattacken (187) sowie Stressintoleranz (83) und eine insgesamt mangelnde Belastbarkeit (84) genannt.
Zum Thema trotz guter Einstellung mit Schilddrüsenhormonen persistierender psychischer Symptome wie Konzentrationsstörungen, Depressionen und Angstzuständen lief vor einiger Zeit auch eine Studie in Magdeburg. Dort vermutete man, dass es bei einer bestimmten Gruppe von Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis zu einer Ausweitung des Autoimmunprozesses auf die Nervenzellen im Gehirn kommt. Zu den Ergebnissen dieser Studie liegen mir aktuell leider keine Informationen vor. Wenn Sie Näheres wissen, freue ich mich über einen Hinweis.
Ungewollte Kinderlosigkeit & Schwangerschaftskomplikationen
Weitgehender Konsens herrscht darüber, dass Unter- und Überfunktionen der Schilddrüse einen Einfluss auf die weibliche Fertilität haben. Nur wenig Berücksichtigung findet hingegen die Tatsache, dass bereits das Vorhandensein von Schilddrüsenautoantikörpern (ohne dass eine Hypo- oder Hyperthyreose vorliegt) in einigen Fällen zu Zyklusstörungen führt. „Eine Reihe von Untersuchungen der letzten Jahre beschäftigte sich mit der Frage, ob der alleinige Nachweis von Schilddrüsenantikörpern Einfluss auf die weibliche Fertilität besitzt. Dabei zeigten mehrere Literaturstellen, dass positive TPO-Antikörper für rund 20 Prozent der Zyklusstörungen junger Frauen verantwortlich gemacht werden können.“ (G. Hintze, H. Fink: „Aktuelle Schilddrüsendiagnostik und -therapie bei Fertilitätsstörungen und Schwangerschaft“, Wissenschaft u. Praxis 2004, 12: 576 – 578)
Weit schwerwiegender ist in diesem Zusammenhang jedoch das erhöhte Fehlgeburtsrisiko von Frauen mit einer autoimmunen Schilddrüsenerkrankung welches bereits in mehreren wissenschaftlichen Studien nachgewiesen wurde.
„Der Zusammenhang zwischen dem Nachweis von Schilddrüsenautoantikörpern und gehäuften Fehlgeburten wurde in der Vergangenheit beschrieben und intensiv untersucht. In den meisten Studien wird eine positive Korrelation zwischen der Höhe des Schilddrüsenautoantikörpertiters und dem Abortgeschehen berichtet. Es sind aber keine beweisenden, kontrollierten und randomisierten Daten publiziert, die diesen Sachverhalt überprüft und bewiesen hätten. So berichten Poppe et al. über eine hohe ART-Schwangerschaftsrate bei Frauen mit Schilddrüsenautoantikörpern. Aber die Fehlgeburtenrate war mit 53 % im Vergleich zu 23 % bei den Frauen ohne Schilddrüsenautoantikörper signifikant erhöht. Im Gegensatz dazu berichten andere Autoren sowohl über eine reduzierte Schwangerschaftsrate als auch, wie schon aus früheren Untersuchungen bekannt, über eine erhöhte Abortrate. Die Arbeitsgruppe von Poppe et al. gibt zwei Theorien für die hohe Abortrate an: eine immunologische Ursache oder eine sich im ART-Zyklus entwickelnde Schilddrüsenunterfunktion durch den estrogenbedingten Anstieg des Thyroxin-bindenden Globulins mit resultierender Abnahme des freien Thyroxins. Auch Stagnaro-Green et al. [und Lejeune et al. berichten bei euthyreoten Frauen mit Schilddrüsenautoantikörpern ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten. Außerdem wurden Schilddrüsenautoantikörper bei Frauen mit anamnestisch bekannter habitueller Abortneigung vermehrt nachgewiesen. Zusammenfassend können Schilddrüsenautoantikörper somit als Hinweis für ein Abortrisiko gewertet werden.“ (M. Bals-Pratsch, S. Reichel, B. Seifert, B. Zietz: „Autoimmunthyreopathie und Kinderwunschbehandlung – Überlegungen zu einem empirischen Behandlungskonzept“, J Repr med Endok 2005, 2(2): 90 – 95)
Insgesamt sind die hormonellen Schwankungen im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft für Frauen mit einer Hashimoto-Thyreoiditis oder einem Morbus Basedow nicht immer ganz einfach zu bewältigen. Auch die sogenannte Wochenbettdepression ist bei Hashimoto-Thyreoiditis-Erkrankten häufiger als bei schilddrüsengesunden Frauen. Positive Schilddrüsenautoantikörper (TPO-AK), wenn sie während der Schwangerschaft gemessen werden, sind ein Risikofaktor für die Entwicklung einer postpartalen Depression (J. L. Kuijpens, H. L. Vader, H. A. Drexhage, W. M. Wiersinga, M. J. van Son, V. J. M. Pop: „Thyroid peroxidase antibodies during gestation are a marker for subsequent depression postpartum“, Eur J Endoc 2001, 5(145): 579 – 584).
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