Wohlfühlgewicht (nicht) in Sicht
Während einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) ist der Stoffwechsel verlangsamt, was dazu führt, dass der Körper weniger Kalorien verbrennt als normalerweise. Die Folge ist eine Gewichtszunahme. Manchmal kommt es auch zu einem gesteigerten Appetit und dadurch zu einer höheren Nahrungsaufnahme. Anhaltende Erschöpfung und Antriebslosigkeit bewirken zudem, dass sich die Betroffenen in ihrem Alltag weniger bewegen und oft kaum noch in der Lage sind regelmäßig Sport zu machen.
Eher weniger beachtet ist die Tatsache, dass die von SchilddrüsenpatientInnen oft eingenommenen Beruhigungsmittel den Appetit erhöhen und/oder den Stoffwechsel verlangsamen, was zur Folge hat, dass der Körper mehr Kalorien aufnimmt als er verbrennt. Hinzu kommt außerdem noch, dass sich die üblichen hormonellen Veränderungen in einem Frauenleben wie eine Schwangerschaft oder die Wechseljahre nicht nur auf die Schilddrüse sondern auch das Körpergewicht auswirken.
Wenn die Diagnose Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose, Hashimoto-Thyreoiditis) dann feststeht und mit einem Schilddrüsenhormonpräparat behandelt wird, ist theoretisch aber alles ganz einfach. Während einer Schilddrüsenunterfunktion läuft der gesamte Stoffwechsel auf Sparflamme und man nimmt an Gewicht zu. Durch die Therapie mit Schilddrüsenhormonen normalisiert sich der Stoffwechsel und man verliert die in Unterfunktion zugenommenen Pfunde. :-) Schön wär’s!!! Schade nur, dass das so einfach nicht funktioniert … Was also tun, wenn das Hüftgold nicht auf wundersame Weise dahinschmilzt?
Regelmäßige Bewegung und eine niedrig glykämische Ernährung
Um trotz Schilddrüsenerkrankung erfolgreich abzunehmen, wird allgemein Folgendes empfohlen
- Konsequenter Ausgleich der Schilddrüsenunterfunktion mit einem Schilddrüsenhormonpräparat
- Sport, weil dadurch die schilddrüsenunterfunktionsbedingte, metabolische Verlangsamung des Stoffwechsels ausgeglichen wird. Geeignet sind besonders Ausdauersportarten wie Spazieren gehen, Joggen, Radfahren oder Schwimmen. Bereits durch täglich 30 bis 60 Minuten Bewegung wird einer Insulinresistenz entgegengewirkt.
- Eine niedrig glykämische Ernährung, die auf Lebensmittel wie Nudeln, Reis, Weißmehlprodukte, Süßigkeiten, Nachspeisen und gesüßte Getränke verzichtet und stattdessen aus fettarmen Eiweißprodukten sowie Obst und Gemüse besteht. Dadurch werden Blutzuckerspitzen, ein Anstieg der Insulinausschüttung und eine damit verbundene vermehrte Umwandlung von Kohlehydraten in Körperfett vermieden.
Verzicht auf Kohlehydrate
Galt also bislang der Grundsatz „Fett macht fett“ und wurde zur Gewichtsreduktion entsprechend eine möglichst fett- und eiweißarme Ernährung empfohlen, so wird aktuell der Verzicht auf Kohlehydrate propagiert. Hintergrundidee ist, dass es durch den häufigen Verzehr größerer Mengen Kohlehydrate zu dauerhaft erhöhtem Blutzucker und damit auch Insulin kommt. Hohe Konzentrationen an Insulin im Blut hemmen aber den Fettabbau. Aus diesem Grund bleiben herkömmliche, d. h. fettreduzierte und kohlenhydratreiche Diäten bei schilddrüsenkranken Personen oft so erfolglos.
Der Begriff Kohlehydrate ist dabei nur eine andere Bezeichnung für Zucker. Je nach Anteil der Zuckerbausteine unterscheidet man zwischen Einfach-, Zweifach- und Vielfachzucker. Einfachzucker (Monosaccharide) sind z. B. der im Obst enthaltene Fruchtzucker oder Traubenzucker. Zu den Zweifachzuckern (Disaccharide) gehören der Malzzucker wie er im Bier vorkommt, Milchzucker oder Haushaltszucker. Vielfachzucker (Polysaccharide) sind beispielsweise pflanzliche Stärken wie sie sich in Kartoffeln, Reis oder Getreide befinden oder tierische Stärke. Kohlehydrate sind eine für den Körper sehr leicht zugängliche Energiequelle. Sie können in schnell resorbierbare Kohlehydrate (z. B. Süßigkeiten) und langsam resorbierbare Kohlehydrate (z. B. Vollkornbrot) unterteilt werden. Schnell resorbierbare Kohlehydrate führen zu einem raschen Blutzuckeranstieg. Steigt der Blutzuckerspiegel im Blut an, reagiert die Bauchspeicheldrüse daraufhin mit der Produktion von Insulin. Insulin ist entscheidend an der Verwertung des Blutzuckers beteiligt. Langsam resorbierbare Kohlehydrate erhöhen den Blutzuckerspiegel weniger schlagartig, so dass eine geringere Menge Insulin ausgeschüttet wird. Ein Teil der Kohlehydrate gelangt über das Blut in die Körperzellen, wo sie mittels Enzymen direkt in Energie umgewandelt und verbraucht werden (Glykolyse). Bei einem Überangebot an Kohlehydraten wird ein weiterer Teil in Form von Glykogen insbesondere in der Leber und in der Muskulatur gespeichert. Bei körperlicher Anstrengung werden diese Speicher zur schnellen Energiegewinnung geleert. Wenn darüber hinaus noch weitere Kohlehydrate übrig sind werden sie vom Körper in Fett umgewandelt und dann in den Körperfettdepots gespeichert.
Praktische Tipps
Um trotz bestehender Schilddrüsenerkrankung dauerhaft abzunehmen, sollte also auf schnell resorbierbare Kohlehydrate wie Cornflakes, Toastbrot, Brötchen, Kekse, Kuchen, Pizza und Pasta, Kartoffelchips, Pommes frites, Süßigkeiten und Limonaden verzichtet werden. :-( Erlaubt sind stattdessen Obst und Gemüse, Milchprodukte, mageres Fleisch oder Fisch sowie Vollkornerzeugnisse.
Eine dauerhafte Gewichtsabnahme ist aber nicht allein durch die Umstellung der Ernährung sondern nur durch zusätzlichen, regelmäßigen Sport zu erzielen! Und dafür sollte man sich einigermaßen „Gesund & Fit“ fühlen, was ja längst nicht bei allen Schilddrüsenkranken selbstverständlich ist.
Es müssen auch nicht immer gleich 30 kg Gewichtsabnahme und Kleidergröße 36 sein!
Jedes Kilogramm weniger ist ein Schritt hin zum Wohlfühlgewicht.
Probieren Sie es mit einem kleinen 3-Tage-Programm aus und verändern Sie zunächst nur Ihren Feierabend.
Gönnen Sie sich am späten Nachmittag eine Stunde Bewegung (zügiges Spazierengehen, Fahrradfahren, Inline-Skaten) und nehmen Sie zwei Stunden danach ein kohlehydratarmes und eiweissreiches Abendessen ein.
Beispielsweise
1. Tag: Gemischter Blattsalat mit Putenbruststreifen
2. Tag: Pellkartoffeln mit Kräuterquark und Räucherlachs
3. Tag: Tomaten-Thunfisch-Salat mit Joghurtdressing
Viel Erfolg!
Neu ist diese Idee übrigens nicht, sondern sie wurde bereits umgesetzt als
Low-Carb, Logi-Methode, Glyx-Diät, Montignac-Methode
Im Rahmen von www.schilddruesenguide.de finden Sie inzwischen eine ganze Reihe von Artikeln zum Thema Schilddrüse und Gewichtsabnahme. Das liegt nicht zuletzt daran, dass fast alle SchilddrüsenpatientInnen Probleme mit ihrem Gewicht haben. Wenn Sie mehr darüber lesen möchten, empfehle ich Ihnen die beiden Spezials → Ernährung bei Hashimoto-Thyreoiditis und → Abnehmen trotz Hashimoto-Thyreoiditis.
Neue E-Paper-Reihe!
Ab dem 01. Januar 2024 werden unter dem Titel „Schilddrüsenguide“ nach und nach ausführliche Artikel (Preis 0,99 Euro) veröffentlicht, die sich jeweils nur einem Einzelthema widmen.
Die erste Folge „Schilddrüse und Soja“ (Amazon-Partnerlink) ist bereits online. Soja, genauer gesagt geht es um die darin enthaltenen Soja-Isoflavone, soll schädliche Auswirkungen auf die Schilddrüse haben und die Schilddrüsenfunktion beeinträchtigen können. Deswegen verzichten etliche SchilddrüsenpatientInnen auf den Verzehr von Sojaprodukten. Aber was ist da wirklich dran, wenn man genauer hinschaut? Wer sollte Soja meiden? Und warum?
Dieser Artikel wurde aktualisiert und am 23.05.23 neu veröffentlicht.