Schilddrüsenkrank und schwanger – darauf sollen Sie achten

Während einer Schwangerschaft ist die Überprüfung der Schilddrüsenfunktion besonders wichtig, weil sich sowohl ein Zuviel als auch ein Zuwenig an Schilddrüsenhormonen negativ auf die Gesundheit nicht nur der Mutter, sondern auch des ungeborenen Kindes auswirken können.

Schilddrüsenwerte regelmäßig kontrollieren lassen

Während der Schwangerschaft sind die schilddrüsenspezifischen Laborwerte häufig verändert, da es zu Wechselwirkungen zwischen weiblichen Hormonen und Schilddrüsenhormonen kommt. Die Schilddrüsenparameter TSH, fT3 und fT4 sollten bei bestehender Schilddrüsenerkrankung deshalb ungefähr alle vier bis sechs Wochen kontrolliert werden. Tritt während der Schwangerschaft eine Über- oder Unterfunktion auf, sind manchmal noch kurzfristigere Laboruntersuchungen im Abstand von zwei Wochen erforderlich.

Risiken einer Schilddrüsenfehlfunktion in der Schwangerschaft

Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)

Besteht eine manifeste Schilddrüsenunterfunktion tritt „glücklicherweise“ nur selten eine Schwangerschaft ein, denn eine manifeste Schilddrüsenunterfunktion der Mutter kann zu Entwicklungsstörungen des Kindes führen und sollte deshalb unbedingt vermieden werden. Während der Geburt kommt es häufiger zu einer Wehenschwäche. Schilddrüsenhormone können die Plazenta (Mutterkuchen) nicht passieren, so dass eine Zufuhr von Schilddrüsenhormonen zur Erhaltung einer euthyreoten Stoffwechsellage für das Baby absolut unbedenklich ist.

Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)

Eine unbehandelte, deutlich ausgeprägte Schilddrüsenüberfunktion ist während der Schwangerschaft noch gefährlicher. Sie kann zu Fehlgeburten (besonders in den ersten beiden Schwangerschaftsdritteln), vorzeitiger Entbindung (Frühgeburten), Totgeburten und untergewichtigen bis hin zu missgebildeten Babys führen. Während der Geburt kann es zu einer thyreotoxischen Krise kommen. Daher muss eine Schilddrüsenüberfunktion während der Schwangerschaft unbedingt vermieden werden! Wichtig: Während einer Behandlung mit Thyreostatika (keine grundsätzliche Kontraindikation) sowie 6 – 12 Monate im Anschluss an eine Radioiodtherapie sollte eine Schwangerschaft ebenfalls nach Möglichkeit verhindert werden!

Zusätzliche Jodgabe bei Müttern mit autoimmuner Schilddrüsenerkrankung umstritten

Bei den autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen (Hashimoto Thyreoiditis, Morbus Basedow) ist die zusätzliche Jodeinnahme in der Schwangerschaft nicht ganz unumstritten. Jod fördert sowohl die Hashimoto-Thyreoiditis als auch den Morbus Basedow, was sich in einem Anstieg der Antikörper zeigt. Das ist in der Schwangerschaft nicht unproblematisch, da die Antikörper von der Mutter auf das Kind übertragen werden können. Allerdings konnte bisher nicht nachgewiesen werden, ob die mütterlichen Antikörper die kindliche Schilddrüse tatsächlich schädigen oder vom kindlichen Immunsystem vernichtet werden. Ein anderes Problem ist, dass zusätzlich zugeführtes Jod von einer schilddrüsenautoimmunerkrankten Mutter oft nicht gut vertragen wird, so dass es dadurch zu Beschwerden kommt. Andererseits steigt der Jodbedarf der Mutter während der Schwangerschaft deutlich an. Zum einen erhöht sich die Ausscheidung von nicht in die Schilddrüse aufgenommenem Jod über die Nieren. Zum anderen deckt der Fötus seinen Jodbedarf über die Mutter.

Der Jodbedarf in der Schwangerschaft beträgt ca. 230 µg pro Tag, so dass die meisten Schilddrüsenexperten Schwangeren ab dem 4. Monat empfehlen trotz Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow täglich 100 µg Jod in Tablettenform zu sich zu nehmen. Eine andere Möglichkeit ist eine bewusst jodreiche Ernährung durch den häufigen Verzehr von Seefisch. Übrigens nehmen ohnehin nur 30% der schilddrüsengesunden Schwangeren ein zusätzliches Jodpräparat ein.

Bei einem Jodmangel der Mutter wird auch das Baby nicht ausreichend mit Jod versorgt. Deshalb könnte es sein, dass das Baby mit einem Jodmangelkropf zur Welt kommt. Ein kindlicher Jodmangel könnte außerdem zu einer Schilddrüsenunterfunktion führen. Insgesamt sind aber sowohl der Jodmangelkropf als auch die Hypothyreose bei Säuglingen sehr seltene Komplikationen.

Schilddrüsenentwicklung und Jodbedarf des ungeborenen Babys: Bereits drei Wochen nach der Befruchtung entwickelt sich die embryonale Schilddrüse am Zungengrund. In der fünften Schwangerschaftswoche teilt sie sich in ein paariges Organ. Circa in der siebten Woche wandert sie durch einen kleinen Tunnel hinab zu ihrer endgültigen Position vor der Luftröhre. Ungefähr ab der 12. Schwangerschaftswoche fängt die Schilddrüse des Fötus an, eigene Schilddrüsenhormone zu bilden, wofür sie ungefähr 50 µg Jod pro Tag benötigt.

Der Jodbedarf der Mutter ist auch während der Stillperiode erhöht, da der Säugling während dieser Zeit noch direkt von der Jodversorgung der Mutter abhängig ist. Danach ist für die Jodzufuhr durch die Babynahrung gesorgt, da in allen handelsüblichen Produkten ausreichend Jod vorhanden ist. Einige schilddrüsenkranke Mütter die eine Jodeinnahme nur sehr schlecht vertragen entscheiden sich aus diesem Grund für ein frühzeitiges Abstillen.

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