Leben mit Hashimoto-Thyreoiditis … was bedeutet das eigentlich?

Üblicherweise würde ich jetzt darauf verweisen, dass geschätzt 80 Prozent der Hashimoto-Thyreoiditis-Erkrankten durch die Schilddrüsenhormontherapie beschwerdefrei sind. Das sind diejenigen, die morgens eine Tablette einnehmen, alle drei Monate beim Hausarzt ein Rezept abholen, eine Kontrolle des TSH-Wertes im Jahr und im 5-Jahres-Rhythmus eine Schilddrüsensonografie machen lassen.

Aber was hilft das den 20 Prozent der Hashimoto-PatientInnen die keinen so unkomplizierten Krankheitsverlauf haben? Wie sieht das Leben mit der Hashimoto-Thyreoiditis bei Ihnen aus?

Unsicherheit, Selbstzweifel und Angst sind immer da

Wem es gut geht, der verbringt seine Zeit nicht mit Arztterminen oder der Krankheitsrecherche, der Suche nach dem rettenden Strohhalm, im Internet. Der lebt sein Leben – so wie er das möchte. Der macht sich keine Gedanken, ob er einen Vollzeitjob schafft, eine Schwangerschaft gesundheitlich gut übersteht oder sich eine Fernreise zutraut.

So unbeschwert können Hashimoto-Thyreoiditis-Betroffene mit anhaltenden, gesundheitlichen Einschränkungen hingegen nicht leben. Sie müssen Tag für Tag damit umgehen, dass sie sich auf ihren Körper nicht hundertprozentig verlassen können. Sie müssen ihren Alltag sehr viel sorgfältiger planen, sich ihre Kräfte genau einteilen und auch immer wieder damit umgehen, dass sie etwas nicht schaffen.

Manchmal sind es „nur“ die eigenen Hoffnungen, die enttäuscht werden – oft geht es aber auch um die Erwartungshaltung von Familie, Freunden, Nachbarn und Arbeitskollegen.

Verständnis von Anderen ist oft Mangelware

Im Unterschied zu anderen chronischen Erkrankungen gibt es bei der Hashimoto-Thyreoiditis kein umfassendes Behandlungskonzept. Da arbeiten keine Fachärzte Hand in Hand. Da gibt es keine Beratungsangebote, keine Chroniker-Programme. Da nimmt einen niemand an die Hand. Hashimoto-Thyreoiditis-PatientInnen die unter anhaltenden Einschränkungen der Lebensqualität leiden müssen selber sehen wie sie klarkommen.

In der ersten Zeit nach der Diagnose geht es meistens noch. Da hat man selbst die Hoffnung, dass alles wieder normal und so wie vorher wird. Da kümmert man sich um die Kontrolle der Schilddrüsenwerte beim Hausarzt oder die Überweisung zum Facharzt, leistet sich eine hochwertige Nahrungsergänzung oder stellt die Ernährung um. Wenn es gar nicht geht, erhält man eine Krankschreibung sowie eine Zeit lang auch Unterstützung durch Familie und Freunde.

Aber wenn die Einstellungsphase mit einem Schilddrüsenhormonpräparat abgeschlossen ist und die Diagnose schon eine Weile zurückliegt will niemand mehr hören, dass es noch immer nicht gut geht.

Die eigene Gesundheit bleibt ständig Thema

Doch oft geht es eben wirklich nicht. Nicht wenige Hashimoto-Thyreoiditis-PatientInnen leiden dauerhaft unter Erschöpfungszuständen und immer wiederkehrenden Muskel- oder Gelenkschmerzen.

Dieser allgegenwärtige Leidensdruck wird meist unterschätzt. Von den behandelnden ÄrztInnen und auch vom sozialen Umfeld. Aber ungeachtet dessen, bleibt das Leben mit der Hashimoto-Thyreoiditis für die Betroffenen ein Balanceakt, eine ständige Herausforderung. Es ist selten immer schlecht, aber die besseren oder auch beschwerdefreien Phasen werden für gewöhnlich immer wieder unterbrochen von Phasen mit erhöhter Krankheitsaktivität.

Und noch etwas verändert sich manchmal. Mit der Zeit wird aus dem Engagement und Kampfgeist in eigener Sache so etwas wie Schicksalsergebenheit. Hashimoto-Thyreoiditis-PatientInnen ziehen sich oft zurück und leiden im Stillen. Sie nehmen es klaglos hin, dass sie ihre beruflichen Träume nicht verwirklichen konnten oder der Freundeskreis überschaubar geworden ist.


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