Wissensbaustein: Schilddrüsenkrebs – Was sollte ich wissen?

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Schilddrüsenkrebs ist eine eher seltene, aber ernstzunehmende Erkrankung der Schilddrüse. Auf dieser Seite erhalten Sie einen umfassenden Überblick über Ursachen, Symptome, Diagnoseverfahren, Behandlungsmöglichkeiten, Krebsarten und die Prognose bei Schilddrüsenkrebs.

➡️ Für die Eiligen:

Diagnose nach Klassifikation ICD-10 (International Classifikation of Diseases): C 73 Bösartige Neubildung der Schilddrüse

📚 Bücher zu Schilddrüsenkrebs

Karzinome der Schilddrüse sind so selten, dass es leider auch nur wenig Literatur dazu gibt.

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Ursachen von Schilddrüsenkrebs

Die genauen Ursachen für Schilddrüsenkrebs sind noch nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch einige bekannte Risikofaktoren:

  • Strahlenexposition (z. B. durch frühere Bestrahlungen im Halsbereich)
  • Familiäre Vorbelastung oder genetische Syndrome (MEN-Syndrome, RET-Gen)
  • Jodmangel oder übermäßige Jodzufuhr
  • Bestimmte gutartige Schilddrüsenerkrankungen wie Knoten oder Struma

Was sind MEN-Syndrome?

Bei einem Teil der Betroffenen mit medullärem Schilddrüsenkrebs liegt eine erbliche Ursache zugrunde. Diese spezielle Erkrankungsform wird unter dem Begriff MEN-Syndrome zusammengefasst – das steht für Multiple endokrine Neoplasie.

  • Häufig sind mehrere hormonbildende Organe gleichzeitig betroffen
  • Der Schilddrüsenkrebs tritt oft schon in jungen Jahren auf
  • Besonders wichtig: Genetische Tests können helfen, das Risiko frühzeitig zu erkennen
  • Auch Familienangehörige sollten sich testen lassen

Bei einem positiven Gentest kann die Schilddrüse vorsorglich entfernt werden – noch bevor sich Krebs entwickelt. So lässt sich die Erkrankung in vielen Fällen ganz verhindern.

 

Was ist das RET-Gen?

RET ist ein Gen, das eine wichtige Rolle beim Zellwachstum spielt. Veränderungen im RET-Gen können bei bestimmten Formen von Schilddrüsenkrebs, insbesondere dem medullären Schilddrüsenkrebs, Krebszellen unkontrolliertes Wachstum ermöglichen.

Moderne Medikamente wie Selpercatinib blockieren diese veränderten RET-Proteine und helfen, das Tumorwachstum zu stoppen.

 

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Häufigkeit und Verteilung von Schilddrüsenkrebs

Kategorie Daten (Deutschland) Weltweite Daten
Jährliche Neuerkrankungen 6.120 Fälle (4.240 Frauen / 1880 Männer) ~ 821.000 Fälle
5-Jahres-Überlebensrate Frauen: 94 % / Männer: 87 % Global sehr unterschiedlich
Papillärer Schilddrüsenkrebs 50 % aller Fälle Häufigster Typ weltweit
Follikulärer Schilddrüsenkrebs 20 – 30 % aller Fälle Zweithäufigster Typ
Medullärer Schilddrüsenkrebs 5 – 10 % aller Fälle Selten, genetisch bedingt
Anaplastischer Schilddrüsenkrebs 5 – 10 % aller Fälle Sehr selten, aber aggressiv

Quellen:

Symptome von Schilddrüsenkrebs

Schilddrüsenkrebs bleibt im Frühstadium häufig symptomlos. Mögliche Anzeichen sind:

  • Heiserkeit oder Stimmveränderungen
  • Schluckbeschwerden
  • Ein Engegefühl im Hals
  • Lymphknotenschwellungen

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Diagnose von Schilddrüsenkrebs

Die Diagnose erfolgt meist durch eine Kombination aus bildgebenden Verfahren und Gewebeuntersuchungen:

  • Ultraschall der Schilddrüse
  • Schilddrüsenszintigrafie
  • Feinnadelbiopsie (Punktion)
  • Blutuntersuchungen (TSH, Tumormarker)
  • MRT oder CT bei fortgeschrittener Ausbreitung
  • NIFTP-Klassifikation

Gutartige Diagnose: Was bedeutet NIFTP?

Manche Schilddrüsentumoren sehen unter dem Mikroskop zunächst wie Krebs aus, verhalten sich aber ganz anders. Die Diagnose NIFTP beschreibt genau solche Fälle. Es handelt sich dabei um einen „grenzwertigen“ Tumor, der nicht invasiv ist und sich nicht streut – also kein echter Krebs.

  • Keine Ausbreitung oder Metastasen
  • Nur eine Operation notwendig
  • Keine Radiojodtherapie oder aggressive Nachbehandlung
  • Sehr gute Heilungsaussichten

Die NIFTP-Klassifikation wurde eingeführt, um Menschen vor einer unnötig belastenden Krebsbehandlung zu schützen. Sie bedeutet: Die Zellen sehen auffällig aus, verhalten sich aber harmlos. Eine regelmäßige Nachsorge genügt in den meisten Fällen.

 

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Stadien des Schilddrüsen-Karzinoms: Was bedeuten sie?

Wie bei anderen Krebsarten auch, wird Schilddrüsenkrebs in verschiedene Stadien eingeteilt. Diese sogenannte Tumorstadien-Einteilung hilft ÄrztInnen dabei, das Ausmaß der Erkrankung zu bestimmen und die geeignete Therapie festzulegen. Die Stadieneinteilung richtet sich nach der TNM-Klassifikation, bei der drei Hauptfaktoren berücksichtigt werden:

  • T (Tumorgröße): Wie groß ist der Tumor, und hat er sich in umliegendes Gewebe ausgebreitet?
  • N (Lymphknoten): Gibt es befallene Lymphknoten in der Nähe?
  • M (Metastasen): Liegen bereits Tochtergeschwülste in anderen Organen vor?

Zusätzlich wird das Alter der betroffenen Person mit in die Stadieneinteilung einbezogen, vor allem beim papillären und follikulären Schilddrüsenkarzinom. Das ist eher ungewöhnlich in der Onkologie, aber bei dieser Krebsart spielt das Alter eine entscheidende Rolle für die Prognose.

Die Stadien reichen in der Regel von Stadium I (lokal begrenzter Tumor) bis Stadium IV (fortgeschrittener Krebs mit Fernmetastasen).

Je früher das Schilddrüsenkarzinom entdeckt wird, desto besser sind die Heilungschancen – insbesondere bei den gut differenzierten Tumorarten wie dem papillären und follikulären Karzinom.

Stadium Merkmale Erläuterung
Stadium I Kleiner Tumor, keine Metastasen Der Tumor ist meist < 4 cm groß, auf die Schilddrüse begrenzt, keine Lymphknoten- oder Fernmetastasen. Gute Prognose.
Stadium II Tumor größer oder erste Lymphknoten befallen Der Tumor kann größer als 4 cm sein oder erste benachbarte Lymphknoten befallen haben. Immer noch gute Heilungschancen.
Stadium III Ausbreitung auf umliegendes Gewebe Der Tumor hat sich auf benachbarte Strukturen wie Muskeln, Luftröhre oder Stimmbandnerv ausgedehnt. Regionale Lymphknoten evtl. befallen.
Stadium IV Fortgeschrittener Tumor mit Fernmetastasen Der Krebs hat sich über die Halsregion hinaus ausgebreitet, z. B. in Lunge oder Knochen. Behandlung komplexer, aber nicht hoffnungslos – abhängig vom Typ.

Behandlung von Schilddrüsenkrebs

Die Behandlung hängt von der Krebsart und dem Stadium ab. Übliche Verfahren sind:

  • Operation – Entfernung der Schilddrüse (Thyreoidektomie)
  • Radiojodtherapie – Zerstörung von restlichem Schilddrüsengewebe
  • Hormontherapie – Einnahme von Schilddrüsenhormonen zur Unterdrückung von TSH
  • Strahlen- und Chemotherapie – bei aggressiven oder nicht radiojodsensitiven Tumoren

In den letzten Jahren wurden bedeutende Fortschritte in der Therapie von Schilddrüsenkrebs erzielt:

  • Targeted Therapy: Medikamente wie Lenvatinib und Sorafenib haben die Prognose bei radioiodrefraktären Karzinomen verbessert.
  • Molekulare Präzisionstherapien: RET- und NTRK-Inhibitoren (z. B. Selpercatinib, Larotrectinib) kommen bei genetisch definierten Tumoren zum Einsatz.
  • BRAF-Inhibition: Bei aggressiven anaplastischen Karzinomen konnte durch die Kombination Dabrafenib + Trametinib erstmals eine signifikante Tumorverkleinerung erreicht werden.

Targeted Therapy

Bei differenzierten Schilddrüsenkarzinomen (z. B. papillär oder follikulär) wird häufig eine Radioiodtherapie eingesetzt. Dabei wird radioaktives Iod verwendet, um Schilddrüsenzellen gezielt zu zerstören. Manche Tumoren verlieren jedoch im Verlauf ihre Fähigkeit, Jod aufzunehmen – sie gelten dann als radioiodrefraktär.

  • Der Tumor nimmt kein Radioiod mehr auf.
  • Metastasen wachsen trotz erfolgreicher Therapie weiter.
  • Neue Metastasen entstehen trotz vorangegangener Behandlung.

In diesen Fällen spricht der Tumor nicht mehr auf die klassische Radioiodtherapie an. Stattdessen kommen systemische Therapien wie Lenvatinib oder Sorafenib zum Einsatz – sogenannte Targeted Therapies, die unabhängig vom Jodstoffwechsel wirken.

 

Molekulare Präzisionstherapien

Molekulare Präzisionstherapien kommen bei Schilddrüsenkrebs zum Einsatz, wenn bestimmte genetische Veränderungen im Tumor nachgewiesen wurden. Sie ermöglichen eine gezielte Behandlung – individuell abgestimmt auf die molekularen Eigenschaften des Tumors.

  • Der Tumor ist fortgeschritten, metastasiert oder nicht operabel.
  • Eine zielgerichtete genetische Veränderung ist nachgewiesen, z. B.:
    • RET-Mutation: Selpercatinib, Pralsetinib
    • NTRK-Fusion: Larotrectinib, Entrectinib
    • BRAF V600E-Mutation: Dabrafenib + Trametinib, Vemurafenib
  • Die Standardtherapien wie Radioiod sind nicht mehr wirksam oder nicht geeignet.
  • Es wurde eine molekulargenetische Testung durchgeführt (z. B. Biopsie, Liquid Biopsy).

Diese zielgerichteten Therapien bieten oft neue Behandlungsmöglichkeiten, wenn andere Optionen ausgeschöpft sind oder keine Wirkung zeigen.

 

BRAF-Inhibition

Bei einigen Schilddrüsenkarzinomen – insbesondere dem seltenen und aggressiven anaplastischen Schilddrüsenkrebs (ATC) – kann eine Mutation im BRAF-Gen (v. a. BRAF V600E) nachgewiesen werden. Diese Mutation treibt das Tumorwachstum an und kann gezielt behandelt werden.

  • Therapieprinzip: Hemmung der mutierten BRAF-Signalkette zur Wachstumsblockade von Tumorzellen.
  • Typische Medikamente:
    • Dabrafenib (BRAF-Inhibitor)
    • Trametinib (MEK-Inhibitor, kombiniert zur Wirkungsverstärkung)
    • Vemurafenib (alternative BRAF-Inhibition bei V600E-Mutation)
  • Einsatzgebiet: Besonders bei BRAF-mutierten anaplastischen Schilddrüsenkarzinomen, aber auch bei bestimmten Fällen des papillären Karzinoms.
  • Voraussetzung: Nachweis der BRAF V600E-Mutation durch molekulargenetische Testung.

Die BRAF-Inhibition hat erstmals bei ansonsten therapieresistentem ATC zu deutlichen Tumorverkleinerungen geführt – ein bedeutender Fortschritt in der Behandlung.

 

➡️ Weiterführende Informationen:

Überblick & Allgemeine Entwicklungen

Zielgerichtete Therapien nach Wirkstoffen

Therapieansätze für spezielle Subtypen

Forschung und Zukunftsperspektiven

Arten von Schilddrüsenkrebs

Schilddrüsenkrebs ist nicht gleich Schilddrüsenkrebs. Es gibt verschiedene Formen, die sich in ihrer Häufigkeit, ihrem Verhalten und der Behandlung unterscheiden:

1. Papillärer Schilddrüsenkrebs

Die häufigste Form. Er wächst meist langsam, streut selten, spricht gut auf Radiojodtherapie an. Heilungschancen sind sehr gut.

2. Follikulärer Schilddrüsenkrebs

Etwas seltener, ähnelt dem papillären Typ. Auch hier sind die Heilungsaussichten sehr gut – besonders, wenn keine Fernmetastasen vorliegen.

3. Medullärer Schilddrüsenkrebs

Geht nicht von normalen Schilddrüsenzellen, sondern von C-Zellen aus. Kann familiär bedingt sein (MEN-Syndrome). Wird anders behandelt – z. B. nicht mit Radiojod.

4. Anaplastischer Schilddrüsenkrebs

Eine sehr seltene, aggressive Form. Wächst schnell, streut früh. Die Behandlung ist komplex, aber neue Medikamente bieten in Einzelfällen Hoffnung.

Wichtig: Die meisten Schilddrüsenkrebsarten haben bei früher Diagnose eine sehr gute Prognose. Eine genaue Einordnung durch die Ärztin oder den Arzt ist entscheidend für die richtige Therapie.

Prognose bei Schilddrüsenkrebs

Die Heilungschancen sind insbesondere bei frühzeitiger Diagnose sehr gut. Die Überlebensrate hängt stark von der Krebsart und dem Stadium ab. Faktoren, die die Prognose beeinflussen:

  • Alter und allgemeiner Gesundheitszustand
  • Krebsart und Differenzierungsgrad
  • Ausbreitung des Tumors (Metastasen)
  • Ansprechen auf die Behandlung

➡️ Ebenfalls wissenswert:

Tipp: Um Ihnen die Orientierung auf www.schilddruesenguide.de zu erleichtern, habe ich eine Übersicht der wichtigsten Inhalte erstellt. Zur Navigationsseite

Letzte Aktualisierung: 19. September 2025

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