Fortschritte durch neue Medikamente in der Therapie von fortgeschrittenem Schilddrüsenkrebs

Schilddrüsenknoten sind in Deutschland häufig. Etwa jeder vierte Erwachsene ist betroffen. Auch wenn bösartige Veränderungen selten sind, müssen die Knoten abgeklärt werden, um Krebs auszuschließen. Je nach Art des Krebses schließt sich nach der Operation eine Radiojod-Therapie an, die allerdings nicht für jede Form des Schilddrüsenkrebses in Frage kommt. Mit neuen Wirkstoffen, den Tyrosinkinase-Hemmern, haben Ärzte nun Medikamente, um den Krebs aufzuhalten.

Wie diese neuen Medikamente wirken und welche Nebenwirkungen auftreten können, diskutierten Experten auf der 34. Arbeitstagung der Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft Endokrinologie (CAEK) und 45. Jahrestagung der Sektion Schilddrüse der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) vom 19. bis 21. November 2015 in Mainz.

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Nur in wenigen Fällen sind Knoten, die sich in der Schilddrüse bilden, bösartig. „Jeden im Ultraschall oder der Szintigraphie verdächtigen Knoten müssen wir untersuchen, damit ein Schilddrüsenkarzinom rechtzeitig erkannt wird“, sagt Professor Dr. med. Matthias M. Weber, Mediensprecher der DGE und Leiter des Endokrinen und Neuroendokrinen Tumorzentrums der Universitätsmedizin Mainz. Der Schilddrüsenkrebs gehört zu den selteneren und in der Regel gut behandelbaren Krebsformen. Pro Jahr diagnostizieren Ärzte bei etwa 7200 Menschen ein Schilddrüsenkarzinom. Rechtzeitig erkannt, seien die Heilungschancen sehr gut, so der Experte der DGE.

Am häufigsten sind die sogenannten differenzierten Schilddrüsenkarzinome. Sie können nach Operation der Schilddrüse mit einer Radiojodtherapie behandelt werden. „Mit ihr zerstören wir die nach der Operation verbliebenen Krebszellen und erreichen auch eventuell im Körper ausgetretenen Tumorzellen, also die Metastasen“, erklärt Professor Weber. Damit erreichen Mediziner vor allem beim differenzierten Schilddrüsenkarzinom eine hohe Heilungschance. Anders als diese Schilddrüsenkarzinome kann das medulläre Schilddrüsenkarzinom, das oft auf einen Gendefekt zurückzuführen ist, nicht mit einer Radiojodtherapie behandelt werden. Prof. Dr. med. Thomas J. Musholt, Leiter der Endokrinen Chirurgie an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz erklärt: „Bei diesem auch C-Zell Karzinom genannten Tumor entfernen wir das krankhafte Gewebe ebenfalls operativ. Da die C-Zellen jedoch kein Jod speichern, ist eine nachfolgende Radiojodtherapie nicht sinnvoll.“ Eine klassische Chemotherapie, die bei anderen Krebserkrankungen häufig helfe, wirke bei diesem Schilddrüsenkrebs meist nicht, so der Experte.

Aber auch bei den ursprünglich gut auf die Radiojodtherapie ansprechenden Tumorformen kann es im Verlauf der Erkrankung zu einem Wirkungsverlust dieser Therapie kommen, sodass für diese sogenannten Radiojodrefraktären Patienten ebenso wie für Patienten mit medullärem Schilddrüsenkrebs dringend neue Therapieoptionen benötigt werden.
Mit der Entwicklung von sogenannten Tyrosinkinase-Inhibitoren, die sowohl im Tumor als auch in der Tumorumgebung Wachstumssignale ausschalten, haben die Ärzte nun neue Behandlungsmöglichkeiten. So kann mit den beiden neuen Substanzen Sorafenib und Lenvatinib das sogenannte progressionsfreie Überleben, das heißt der Zeitraum, in dem eine definierte Tumorläsion nicht wächst, bei Patienten mit Radiojod-refraktärem Schilddrüsenkrebs deutlich um 6 bis 14 Monate verlängert werden. Eine ähnlich gute Wirksamkeit konnte auch beim fortgeschrittenen medullären Schilddrüsenkrebs mit zwei weiteren neuen Substanzen Vandetanib und Cabozantinib gefunden werden. „Wir können nun auch die Patienten, denen die Operation und die Radiojodtherapie nicht helfen kann, wirkungsvoll behandeln“, sagt Professor Musholt.

Die Therapie mit Tyrosinkinase-Inhibitoren kann jedoch eine Reihe von Nebenwirkungen hervorrufen: Bluthochdruck, Durchfälle, Erschöpfung, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Gewichtsabnahme sind häufig, und zum Teil schwellen Hände und Füße an. Diese Nebenwirkungen lassen sich jedoch beherrschen. Hier sind Endokrinologen mit onkologischem Schwerpunkt gefragt, betonen die beiden Experten aus Mainz.

Quelle: idw-online.de (Link geprüft am 13.09.23)

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