Leserfragen zur Coronavirus-Pandemie
Viele SchilddrüsenpatientInnen machen sich Sorgen, ob die Versorgung mit Schilddrüsenhormonpräparaten auch in Zeiten der Coronavirus-Pandemie gesichert ist. Zur Verunsicherung haben nicht zuletzt auch die wiederholten Lieferengpässe der vergangenen Jahre beigetragen. Hinzu kommt die Angst vor Ansteckung.
Also grundsätzlich ist es so, dass es in Deutschland eine ganze Reihe von Herstellern von L-Thyroxin-Präparaten gibt. Diese haben zudem oft mehrere Produktionsstätten – meist auch mindestens eine in Deutschland deren Kapazität im Zuge der Coronavirus-Pandemie erhöht werden kann wenn das erforderlich werden sollte. Ja, es ist richtig, dass die Rohstoffe oft aus China (die Produktion ist z.Z. eingeschränkt) oder Indien (aktuell gibt es ein Exportverbot) kommen, aber ebenfalls nicht nur. Bislang betreffen die Lieferengpässe jedenfalls nur einige wenige Schilddrüsenhormonpräparate, wobei diese Lieferschwierigkeiten nach meinem Kenntnisstand nicht im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie stehen sollen.
Vereinzelt wird über Praxisschließungen berichtet nachdem dort eine Coronavirus-Infektion festgestellt und das Praxisteam entsprechend in Quarantäne geschickt wurde. In dem Fall wenden Sie sich bitte an den jeweiligen Vertretungsarzt, wenn Sie ein neues Rezept benötigen. Wer das ist wird in der Regel über einen Aushang an der Praxistür und über den Anrufbeantworter mitgeteilt. Auch wenn nicht davon auszugehen ist, dass irgendwann alle Arztpraxen vor Ort im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie schließen müssen sind in dem Fall unbürokratische Lösungen denkbar. In Deutschland nehmen rund 8 Millionen Menschen täglich ein Schilddrüsenhormonpräparat ein – diese wird man nicht unversorgt lassen. Es würde dann vermutlich einfach so sein, dass man in der Apotheke gegen Vorlage einer alten, leeren Packung – ohne Rezept – eine neue Schachtel erhält.
Einen frei verkäuflichen Ersatz für Schilddrüsenhormone gibt es nicht! In den sozialen Netzwerken wird dazu geraten sich für den Notfall die Bausteine für die Schilddrüsenhormone (Jod, L-Tyrosin) zu kaufen und außerdem noch Selen um die Umwandlung des Speicherhormons T4 in das stoffwechselaktive Hormon T3 sicherzustellen. Das macht aber nur dann Sinn wenn noch genügend funktionsfähige Schilddrüsenzellen vorhanden sind. Wenn die Schilddrüse beispielsweise durch eine Hashimoto-Thyreoiditis vollständig zerstört worden ist oder auch nach einer operativen Schilddrüsenentfernung kann das logischerweise nicht funktionieren! Von daher wäre es vielleicht eine mögliche Lösung für alle die nur eine latente Hypothyreose (versteckte Schilddrüsenunterfunktion) haben und bislang lediglich eine sehr geringe Dosis einnehmen.
Häufig wird auch Angst vor Ansteckung mit dem Coronavirus in der Arztpraxis oder in der Apotheke geäußert. In den meisten Städten gibt es spezielle Corona-Ambulanzen in denen die Verdachtsfälle getestet werden – eben damit sie möglichst nicht mit entsprechenden Beschwerden zu ihrem Hausarzt gehen und dort im Wartezimmer andere PatientInnen anstecken können. Unabhängig davon, ist es sinnvoll das Rezept für das Schilddrüsenmedikament telefonisch vorzubestellen. Die Abholung geht dann üblicherweise sehr schnell, d.h. man muss nicht einmal ins Wartezimmer und ist nach wenigen Minuten schon wieder draußen. Alternativ kann man im Einzelfall sicher auch absprechen, dass das Rezept per Post zugeschickt wird. Und anstatt in die Apotheke vor Ort zu gehen, kann man auch einfach eine Online-Apotheke nutzen. Das hat zudem noch den Vorteil, dass man die Rezeptgebühr spart.
Planbare Untersuchungen beim Hausarzt und Eingriffe im Krankenhaus werden verschoben. Das kann im Einzelfall natürlich ärgerlich sein. Aber es macht, beispielsweise bei Hashimoto-Thyreoiditis-Erkrankten, in der Regel nichts wenn man die routinemässigen Kontrolltermine (Blutabnahme, Sonografie) ausnahmsweise mal einige Monate nach hinten schiebt. Ob eine Schilddrüsenoperation notwendig ist entscheiden die behandelnden Ärzte für jeden Einzelfall nach sorgfältiger Prüfung. Bei einer Schilddrüsenvergrößerung oder gutartigen Schilddrüsenknoten kommt es auch hier nicht auf einige Wochen früher oder später an. Behandlungen wegen Schilddrüsenkrebs werden meines Wissens bislang wie gewohnt durchgeführt.
Und zum Schluss – weil das die mit Abstand häufigste Frage ist. Schilddrüsenerkrankungen sind zwar meistens chronische Erkrankungen – SchilddrüsenpatientInnen (mit Ausnahme von Schilddrüsenkrebserkrankten) gehören aber trotzdem nicht zu den momentan bekannten Risikogruppen für eine Infektion mit dem Coronavirus beziehungsweise die COVID-19-Erkrankung.
SDG-Tipp: Coronavirus, COVID-19 und Schilddrüsenerkrankungen (Hashimoto-Thyreoiditis, Morbus Basedow) … eine Übersicht aller bisher zu diesem Thema auf www.schilddruesenguide.de veröffentlichten Artikel