Allgemeines zur Nährstofftherapie bei Schilddrüsenerkrankungen
Insbesondere bei Hashimoto-Thyreoiditis- und Morbus Basedow-Betroffenen wird oft wiederholt ein Mangel an wichtigen Spurenelementen wie Eisen und Selen festgestellt. Auch bei dem Mineralstoff Magnesium sowie Vitamin D gibt es häufig Defizite.
Mit diesem Text soll der Erfahrung zahlreicher Schilddrüsenerkrankter Rechnung getragen werden, die unter schwerwiegenden, lang anhaltenden oder immer wiederkehrenden Nährstoffmängeln leiden. Auch wenn die Wirksamkeit einzelner Vitamine, Spurenelemente oder Mineralstoffe bisher nicht immer zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte: Aufgrund des geringen Nebenwirkungspotentials ist gegen eine kurmäßige, zeitlich begrenzte Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) als begleitende Therapie nichts einzuwenden. Von einer leichtfertigen Dauereinnahme in höheren Dosierungen ist aber abzuraten, da es auch zu unerwünschten Wirkungen auf die Schilddrüsenfunktion kommen kann. Im Zweifelsfall sollte eine Ärztin/ein Arzt konsultiert werden, die/der in den meisten Fällen durch Blutuntersuchungen einen Mangel feststellen bzw. ausschließen und die Nährstofftherapie entsprechend überwachen kann. Leider müssen die Kosten dafür oftmals privat getragen werden.
Was sind Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente?
Ganz allgemein wird zwischen Vitaminen sowie Mineralstoffen und Spurenelementen differenziert.
Vitamine sind essentielle Stoffe, die mit der Nahrung zugeführt werden müssen und die für die Gesunderhaltung des Körpers lebensnotwendig sind. Grundsätzlich unterscheidet man fettlösliche und wasserlösliche Vitamine. Fettlöslich sind die Vitamine A, D, E und K, welche im Fettgewebe des Körpers gespeichert und deshalb auch überdosiert werden können. Wasserlöslich sind die Vitamine des B-Komplexes und Vitamin C, die mit Ausnahme des Vitamins B 12 nicht im Körper gespeichert werden können und deshalb täglich neu aufgenommen werden müssen. Nicht benötigte Überschüsse an wasserlöslichen Vitaminen werden mit dem Urin ausgeschieden.
Mineralstoffe sind anorganische Salze, die ebenfalls ständig über die Ernährung aufgenommen werden müssen und für den Aufbau von Körpersubstanzen unverzichtbar sind. Bei den Mineralstoffen differenziert man zwischen Mengenelementen (Calcium, Chlorid, Kalium, Magnesium, Natrium, Phosphor und Schwefel) und Spurenelementen (Chrom, Eisen, Fluorid, Jod, Kobalt, Kupfer, Mangan, Molybdän, Selen und Zink). Da Spurenelemente nur in sehr geringen Mengen im Körper vorhanden sind und höhere Dosierungen Schaden anrichten können, sollte eine Überdosierung unbedingt vermieden werden. Sinnvoll ist eine kurmäßige Einnahme über wenige Monate und keine Daueranwendung.
Außer Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen gibt es weitere Substanzen mit gesundheitsfördernden Eigenschaften. Dazu zählen beispielsweise Enzyme, Aminosäuren oder auch Fettsäuren.
Wann brauchen SchilddrüsenpatientInnen Nahrungsergänzungsmittel?
Der Sinn oder Unsinn von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) wird seit längerer Zeit kontrovers und oft nur wenig sachlich diskutiert. Die Meinungen diesbezüglich reichen von „unverzichtbar“ bis zu „überflüssig“. Es gibt zahlreiche Untersuchungen zu diesem Thema, die aber keinen eindeutigen Trend belegen, sondern mal die eine und mal die andere Sichtweise stützen.
Unter anderem von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt es allgemeine Empfehlungen zum Tagesbedarf an Vitaminen und Mineralstoffen. Diese Empfehlungen wurden zuletzt 2015 überarbeitet und sind für gesunde Personen ohne besondere Belastungen gedacht. Ob ein erhöhter Bedarf besteht, der über die normale Ernährung nicht gedeckt werden kann, ist aber unter anderem von Faktoren wie Ernährungsgewohnheiten, Stressbelastung, Alter, Gesundheitszustand und Geschlecht abhängig. Diese Nährstofftabellen bieten also nicht mehr als grobe Anhaltspunkte.
Bei chronischen Erkrankungen zu denen auch fast alle Schilddrüsenkrankheiten zählen ist eine ausgewogene Ernährung allein oft nicht mehr ausreichend, um den Körper mit allen benötigten Vitalstoffen zu versorgen. Hinzu kommt, dass sowohl bei einer Überfunktion als auch einer Unterfunktion Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente nicht optimal aus der Ernährung aufgenommen und verwertet werden. Dann ist die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln empfehlenswert.
Wichtig: Für Hashimoto-Thyreoiditis und Morbus Basedow-Betroffene ist problematisch, dass viele der in der Apotheke frei verkäuflichen Multimineralstoffkomplexe das Spurenelement Jod enthalten und deshalb ungeeignet sind.
Welche Nährstoffe sind bei Schilddrüsenerkrankungen wichtig?
- Antioxidantien wie Selen, Zink und die Vitamine A, C, E
- Mineralstoffe, insbesondere Magnesium und Calcium
- das Spurenelement Eisen
- Vitamin D
- die Vitamine des B-Komplexes
- Bromelain, Coenzym Q10, Omega-3-Fettsäuren, L-Carnitin, Myo-Inositol und Aminosäuren
Warum muss man besonders auf eine gute Versorgung mit Eisen, Selen, Magnesium und Vitamin D achten?
Eisen
Bei PatientInnen mit einer Schilddrüsenunterfunktion kommt es sehr oft begleitend zu einer Eisenmangelanämie, die neben der Schilddrüsenhormontherapie gesondert mit einem Eisenpräparat oder Eiseninfusionen behandelt werden muss. Einer der Hauptgründe dafür sind Zyklusstörungen mit heftigen Monatsblutungen und dadurch bedingt hohen Eisenverlusten. Es ist wichtig, den Eisenmangel zeitnah auszugleichen, weil für die Produktion der Schilddrüsenhormone auch das Spurenelement Eisen notwendig ist.
Selen
In mehreren voneinander unabhängigen Untersuchungen wurden die positiven Wirkungen des Spurenelements Selen auf den der Hashimoto-Thyreoiditis zugrundeliegenden Autoimmunprozess nachgewiesen. Eine mehrmonatige Einnahme senkt in vielen Fällen die Schilddrüsenautoantikörper TPO-AK und TG-AK. Außerdem verbessert Selen die Wirkung der Schilddrüsenhormone, weil es die Umwandlung des Speicherhormons fT4 in das stoffwechselaktive Hormon fT3 verbessert.
Auch bei Morbus Basedow wird die Einnahme von Selen empfohlen. Hier ist der Hintergrund, dass das Fortschreiten der Endokrinen Orbitopathie (Augenbeteiligung bei Morbus Basedow) durch die hochdosierte Ergänzung des Spurenelements Selen verlangsamt wird.
Magnesium
Des weiteren wurde der Mineralstoff Magnesium mehrfach in wissenschaftlichen Studien in Bezug auf Schilddrüsenkrankheiten betrachtet. Vielversprechende Ergebnisse gibt es insbesondere bei der Behandlung von im Zusammenhang mit Erkrankungen der Schilddrüse auftretendem Bluthochdruck und Tachykardien mit hochdosiertem Magnesium.
Herausgefunden hat man außerdem, dass Magnesiummangel das Risiko für eine Schilddrüsenerkrankung erhöht. Im Rahmen der Schilddrüsenhormontherapie verbessert das L-Thyroxin zwar die Magnesiumaufnahme in die Zellen, erhöht aber durch die allgemeine Stoffwechselanregung gleichzeitig auch den Bedarf und fördert die Magnesiumausscheidung.
Vitamin D
Das Sonnenvitamin D ist erst in den letzten Jahren in den Blickpunkt des wissenschaftlichen Interesses geraten. So wird beispielsweise diskutiert, ob ein lange bestehendes, ausgeprägtes Defizit an Vitamin D eine mögliche Ursache im Hinblick auf die Entstehung der Hashimoto-Thyreoiditis sein könnte. Denn man hat festgestellt, dass eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose, hoher TSH-Wert) oft mit einem niedrigen Vitamin D-Spiegel einhergeht. Analog ist bei einem hohen Vitamin D-Spiegel der TSH-Wert meist vergleichsweise niedrig.
Mit Blick auf die so oft empfohlene, glutenfreie Ernährung bei Hashimoto-Thyreoiditis ist zudem die Erkenntnis interessant, dass der Verzicht auf Gluten die Aufnahme von Vitamin D ins Blut behindern kann.
→ Nährstofftherapie: Vitamin D → Selen beeinflusst Krankheitsverlauf bei der Hashimoto-Thyreoiditis positiv → Das Wichtigste zum Spurenelement Jod
Nicole Wobker: Wenn die Diagnose Hashimoto-Thyreoiditis das Leben verändert.: Wegweiser zu neuen Behandlungsansätzen (Amazon-Partnerlink)
Etliche Hashimoto-Thyreoiditis-Erkrankte sind trotz Schilddrüsenhormontherapie nicht beschwerdefrei. Dieses E-Book beschreibt die sowohl für betroffene PatientInnen als auch behandelnde ÄrztInnen gleichermaßen schwierige Situation. Es zeigt die Chancen und Risiken der derzeit möglichen ergänzenden Therapieansätze auf …
Dieser Artikel wurde zuletzt am 03. Februar 2024 aktualisiert..