Risiken der Schilddrüsenoperation, Teil 4: Horner-Syndrom

Auch wenn Thyreoidektomien als unkompliziert gelten und heutzutage meist problemlos verlaufen, birgt auch die chirurgische Entfernung der Schilddrüse Risiken. Dazu gehört das bei PatientInnen relativ unbekannte Horner-Syndrom.

Definition

Klassifikation nach ICD-10: G90.2 Horner-Syndrom

Andere Bezeichnungen: Horner-Trias, Claude Bernard-Horner-Syndrom, Präganglionäres Horner-Syndrom

1869 erstmals beschrieben von dem Schweizer Augenarzt Johann Friedrich Horner

Als Horner-Syndrom wird ein dreiteiliger Symptomkomplex (Verengung der Pupille, Herabhängen des Oberlids, Zurücksinken des Auges in die Augenhöhle) aufgrund einer Schädigung des Ganglion stellatum bezeichnet. Das Ganglion stellatum ist eine komplizierte Ansammlung von Nerven im Bereich der unteren Halsregion.

Symptome

Charakteristisch für das meist einseitig auftretende Horner-Syndrom sind folgende Krankheitszeichen:

1. Verengung der Pupille (Miosis)

Betroffener Muskel: Musculus dilatator pupillae

Auf der vom Horner-Syndrom betroffenen Seite ist die Pupille deutlich verengt. Auf einen Lichtreiz reagiert sie sehr langsam und erweitert sich auch im Dunkeln nur unvollständig. Dadurch haben die erkrankten Patienten häufig Probleme beim Sehen in der Dunkelheit.

2. Herabhängen des Oberlids (Ptosis, upside-down-ptosis)

Betroffener Muskel: Musculus tarsalis

Besonders auffällig beim Horner-Syndrom ist das dauerhafte Herabhängen eines Oberlids. Dieses kann willentlich nicht mehr oder nur noch geringfügig angehoben werden. Als Folge des herabhängenden Oberlids kann das Gesichtsfeld spürbar eingeschränkt sein.

3. Zurücksinken des Auges in die Augenhöhle (Enophthalmus)

Betroffener Muskel: Musculus orbitalis

Dieser Aspekt des Horner-Syndroms gilt als umstritten. Während einige AutorInnen darauf hinweisen, dass das betroffene Auge sehr tief liegend und deutlich in die Augenhöhle eingesunken ist sprechen andere Mediziner von einem vorgetäuschten Enophthalmus.

Neben den erwähnten drei Hauptsymptomen kann es beim Horner-Syndrom außerdem zu einer verminderten Schweißbildung (Hypohydrosis) im Bereich von Kopf, Hals und eventuell auch Oberkörper auf der betroffenen Körperhälfte kommen. Als Harlekin-Syndrom werden hingegen die einseitige Rötung und Schweißbildung auf der nicht vom Horner-Syndrom betroffenen Gesichtshälfte bezeichnet wie sie z.B. nach sportlichen Aktivitäten auftreten.

Ursachen

Als Ursachen für das glücklicherweise sehr selten im Zusammenhang mit Erkrankungen der Schilddrüse auftretende Horner-Syndrom gelten sowohl eine Nervenreizung durch eine erheblich vergrößerte Schilddrüse (z.B. als Folge von Schilddrüsenkrebs) als auch die Nervenschädigung im Verlauf einer Schilddüsenoperation.

Behandlung

Das Horner-Syndrom kann bislang leider nicht ursächlich behandelt werden. Gelegentlich bilden sich die Symptome nach der Schilddrüsenoperation innerhalb mehrerer Monate ohne weitere Behandlung von allein wieder zurück. Dies hängt allerdings davon ab, ob das Nervengeflecht nur zeitweise gereizt war oder dauerhaft geschädigt worden ist. Bleibt das Horner-Syndrom unverändert bestehen, kann das herabhängende Oberlid operativ angehoben werden. Leider sind die Ergebnisse für die erkrankten PatientInnen nicht immer zufriedenstellend und gelegentlich sind mehrere Korrekturen erforderlich. Deshalb ist es sehr ratsam sich vor einem Eingriff eine Zweitmeinung einzuholen.

Dieser Artikel ist Teil einer Serie:
Teil 1 → Wundheilungsstörungen
Teil 2 → Hypoparathyreoidismus
Teil 3 → Rekurrensparese
Teil 4 → Horner-Syndrom


Die letzte Aktualisierung war am 22. März 2024.