Schilddrüsenkrank – das macht nichts! Oder doch?
Die häufig gebrauchte Aussage „Die Schilddrüse, das unterschätzte Organ.“ ist meistens nicht mehr als eine inhaltsleere Sprachhülse. Tatsächlich macht sich kaum jemand Gedanken darüber, wie wichtig das reibungslose Funktionieren der Schilddrüse tatsächlich für die menschliche Gesundheit ist.
Dementsprechend wird auch nicht zur Sprache gebracht, was es für die betroffenen Patienten/innen bedeutet, wenn ihre Schilddrüsenerkrankung jahrelang unentdeckt bleibt oder über einen sehr langen Zeitraum falsch behandelt wird. Anhaltende Krankheitssymptome, mangelndes Leistungsvermögen, eingeschränkte Arbeitsfähigkeit mit finanziellen Einbußen oder daraus resultierende vielfältige Probleme im privaten Bereich werden nicht thematisiert. Verständnis, Hilfe oder gar Entschädigung gibt es dafür nicht.
Und wer gehofft hatte, dass mit der richtigen Diagnose und der notwendigen Behandlung alles besser wird, wird wieder enttäuscht. „Schilddrüsenerkrankungen sind gut behandelbar. Dauerhafte Beeinträchtigungen der Lebensqualität gibt es nicht.“ lautet der Glaubenssatz. Anerkennung und Unterstützung bleiben deshalb weiter aus. Wie die Situation der einzelnen Schilddrüsenpatienten/innen tatsächlich ist spielt keine Rolle.
Stattdessen erleben schilddrüsenkranke Patienten/innen nicht selten eine Reduktion auf einen einzigen Laborwert. Die Feststellung einer deutlichen Abweichung des TSH-Wertes (Thyreoidea Stimulating Hormon) von der allgemein gültigen Norm ist gewissermaßen die offizielle Erlaubnis vorübergehend Krankheitssymptome empfinden zu dürfen. Andernfalls heisst es von vielen Ärzten lapidar „Ihr TSH-Wert ist normal, d.h. Ihre Beschwerden sind nicht durch die Schilddrüsenerkrankung bedingt.“ Das Problem ist dadurch zwar nicht gelöst, aber jetzt hat der Patient/die Patientin den schwarzen Peter.
Abgesehen von der ausbleibenden, medizinischen Hilfe hat dieses Ausblenden der Wirklichkeit für die betroffenen Schilddrüsenpatienten/innen manchmal auch noch weitaus schlimmere Folgen. Selbst wenn sie dauerhaft massiv in ihrer Lebensqualität und Leistungsfähigkeit eingeschränkt sind, haben sie beispielsweise keinen Anspruch auf eine Erwerbsunfähigkeitsrente aufgrund der Schilddrüsenerkrankung. Das heisst, es bleiben ihnen nur sehr zweifelhafte Alternativen: Hartz IV, Hausfrauen-/Hausmännerdasein oder unter manchmal menschenunwürdigen Umständen wenigstens so viel arbeiten, dass es irgendwie zum Leben reicht. Leben am Existenzminimum in der Gegenwart und die zukünftige Altersarmut ist dabei auch gleich inbegriffen.
Und das alles nur, weil zwischen der Sicht der Ärzte und der Realität der Patienten scheinbar unüberbrückbare Unterschiede bestehen.
Ach so, manchmal macht eine Schilddrüsenerkrankung übrigens doch etwas. Wenn der Eintritt z.B. in den Polizeidienst mit der Begründung „mangelnde Stressresistenz“ verwehrt wird, die Verbeamtung als Lehrer/in wegen „einer chronischen Krankheit“ abgelehnt wird oder Versicherungen (private Krankenversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung) aufgrund „zu erwartender kostenintensiver Folgebehandlungen“ oder „der erhöhten Berufsunfähigkeitswahrscheinlichkeit“ nur gegen nicht unerhebliche Aufschläge abgeschlossen werden können.
Nicole Wobker: Wenn die Diagnose Hashimoto-Thyreoiditis das Leben verändert.: Wegweiser zu neuen Behandlungsansätzen (Amazon-Partnerlink)
Etliche Hashimoto-Thyreoiditis-Erkrankte sind trotz Schilddrüsenhormontherapie nicht beschwerdefrei. Dieses E-Book beschreibt die sowohl für betroffene PatientInnen als auch behandelnde ÄrztInnen gleichermaßen schwierige Situation. Es zeigt die Chancen und Risiken der derzeit möglichen ergänzenden Therapieansätze auf …