Gletscherschmelze verantwortlich für Jodmangel?

Sicher haben Sie schon mal irgendwo gelesen „Deutschland ist ein Jodmangelgebiet, weil das ursprünglich vorhandene Jod während der letzten Eiszeit vor rund 11.000 Jahren verloren ging.“. In diesem Zusammenhang wird oftmals weiter behauptet „Das Schmelzwasser der abtauenden Gletscher wusch das Jod aus Böden und Gesteinen und spülte es ins Meer.“.

Warum die Gletscherschmelze nicht für den Jodmangel verantwortlich sein kann.

Nachfolgend sind sieben Gründe aufgeführt warum diese weit verbreitete Annahme falsch sein muss.

1. Die meisten europäischen Gletscher sind keine Überbleibsel aus der letzten Eiszeit (Pleistozän), sondern sie sind überhaupt erst vor rund 5.000 Jahren entstanden. Bis dahin war Europa weitgehend eisfrei, d. h. es gab in Deutschland keine Gletscher die hätten schmelzen können!

2. Während einer Eiszeit (Kaltzeit) ist es im Übrigen, wie der Begriff schon vermuten lässt, kalt um nicht zu sagen eiskalt. ;-) Das bedeutet genau das Gegenteil, nämlich dass es nicht zu Gletscherschmelzen, sondern zu Gletschervorstößen kommt.

3. Wenn überhaupt, dann könnten die Gletscher also nur während der aktuellen Nacheiszeit (Holozän) geschmolzen sein. Aber auch in den sogenannten „Wärmephasen“ eines Eiszeitalters ist das Klima relativ kalt, d.h. die Eisbedeckung in der Nähe der Pole und der höheren Gebirge bleibt fast vollständig erhalten. Im aktuellen Känozoischen Eiszeitalter gab es in der „Wärmephase“ sogar bereits sehr kalte Phasen, wie z.B. vor 6.000 bis 4.000 Jahren und 2000 Jahren, in denen es zu Gletscherausdehnungen und -neubildungen (s.o.) kam.

4. Natürliches Jod kommt in Böden, in Gesteinen und im Meerwasser vor. Durch Regen oder Schmelzwasser aus dem Boden oder Gesteinen gelöstes Jod versickert entweder über tiefere Erdschichten z.T. ins Grundwasser* (gelangt also ins Trinkwasser) oder es wird oberirdisch in die Flüsse und auf diesem Weg teilweise weiter ins Meerwasser geleitet.

5. Diese Verwitterungsprozesse finden fortlaufend statt, d.h. auch heute noch wird in Gesteinen enthaltenes Jod auf diese Weise freigesetzt. Auch die Boden- bzw. Humusbildung (Nährstoffdepot für Pflanzen) ist zu keinem Zeitpunkt abgeschlossen gewesen.

6. Die Wasserlöslichkeit von Jod ist gering. Die Gletscher werden vermutlich keinen Alkohol enthalten haben, welcher die Löslichkeit des Jods erheblich verbessert hätte. ;-) Außerdem ist eher unwahrscheinlich, dass das Schmelzwasser selektiv nur das Jod und nicht auch andere wasserlösliche Substanzen ausgewaschen haben soll.

7. Jod welches in ein Oberflächengewässer gelangt ist, bleibt dort nicht gebunden (bis es im Meer angekommen ist), sondern es wird auch als Jodgas in die Luft freigesetzt. Durch Niederschläge gelangt es wieder in den Boden vor Ort.

* Deutsche Heilbäder mit Jodquellen sind beispielsweise Bad Bevensen, Bad Endorf, Bad Hall, Bad Schwartau, Sulzbrunn im Allgäu, Bad Tölz, Bad Westernkotten, Bad Wiessee am Tegernsee, Nordseebad Dangast, Ostseeheilbäder Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin.

→ Das Wichtigste zum Spurenelement Jod erfahren Sie unter dem vorstehenden Link. Alle bisher zum Streitthema Jod veröffentlichten Artikel können sie sich unter dem Schlagwort → Jod anzeigen lassen.