Geld regiert die Schilddrüsenwelt

Die Zeiten, in denen Ärzte ausschliesslich das umgesetzt haben was sie als medizinisch sinnvoll erachtet haben, sind endgültig vorbei. Das Wohl des Patienten steht schon lange nicht mehr im Mittelpunkt des Geschehens. Inzwischen geht es nur noch um eins – Geld!

So wird beispielsweise seit 2003 deutschlandweit über eine Absenkung des TSH-Normbereiches von 4 – 4,5 mU/l auf 2 – 2,5 mU/l gestritten. Bislang konnten sich jedoch weder die offiziellen Fachgesellschaften noch führende Schilddrüsenexperten auf die neue Norm einigen. Das liegt allerdings weniger an medizinisch begründeten Differenzen, sondern ist der Befürchtung geschuldet, dass es dann nicht mehr nur 5 % sondern 20 % Hypothyreosepatienten in der Bevölkerung gäbe. Als Folge würden sich die für die Behandlung aller Schilddrüsenpatienten veranschlagten Kosten verdreifachen.

Aus demselben Grund wird – wider besseres Wissen – auch immer wieder behauptet, dass die alleinige Bestimmung des TSH ausreichend für den Ausschluss oder die Verlaufskontrolle einer Schilddrüsenerkrankung sei. Dabei ist schon lange bekannt wie störanfällig die Untersuchung des TSH und wie unzuverlässig seine Aussagekraft insbesondere im Hinblick auf die Behandlung der autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen ist.

Geradezu gefährlich wird es, wenn alljährlich zur Schilddrüsenwoche die Palpation der Schilddrüse propagiert wird. Denn es gibt nur einen einzigen Grund warum sich ein Arzt auf die veraltete und unzuverlässige Tastuntersuchung stützen sollte, obwohl ihm moderne und sehr viel zuverlässigere Diagnoseverfahren wie die Sonografie zur Verfügung stehen – es ist billiger! Geiz ist geil? Für den Arzt leider nur solange bis ihn ein Patient verklagt, dessen Schilddrüsenvergrößerung er mit einem Jodpräparat behandelt hat obwohl für die Struma eine hypertrophe Hashimoto-Thyreoiditis oder ein Morbus Basedow  ursächlich verantwortlich war. Denn das darf man nicht vergessen – die Risiken für unzureichende Diagnostik und falsche Behandlung trägt der Arzt allein.

Aber wenn man bei der Diagnose schon nicht sparen kann, dann doch wenigstens bei der Behandlung. Generika heisst das Stichwort! Dass es klinisch relevante Unterschiede von 0,8 bis 1,25 % in der Bioverfügbarkeit der einzelnen LT-Präparate gibt war zwar auch schon vor Umsetzung der Gesundheitsreform zum 01. April 2007 bekannt, wurde angesichts des erhofften Einsparpotentials allerdings nicht beachtet. Schade nur, dass aus der Kostensenkung nichts geworden ist. Denn im Jahr 2007 gab es 18,7 Millionen Verordnungen von Schilddrüsentherapeutika (= 1,354 Milliarden Tagesdosen). Das entsprach einem Anstieg von 3,1 % gegenüber dem Vorjahr. Der dadurch erzielte Umsatz betrug 296,5 Millionen EUR und lag damit um 5,4 % höher als im Vorjahr.