Schilddrüsenerkrankungen im Alter: Häufig unerkannt und oft unterschätzt

Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für eine Erkrankung der Schilddrüse deutlich – trotzdem wird sie bei älteren Menschen häufig übersehen. Beschwerden wie Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Verstopfung, Vergesslichkeit oder Traurigkeit gelten oft als „normale Alterserscheinungen“, Altersdepression oder gar als Vorstufe einer Demenz. Dabei könnten sie auch Anzeichen einer beginnenden Schilddrüsenfehlfunktion sein.

Warum Schilddrüsenerkrankungen im Alter oft übersehen werden

Insbesondere bei Seniorinnen und Senioren zeigt sich ein atypisches oder unauffälliges Beschwerdebild. Viele Betroffene klagen nicht über klassische Symptome, sondern über sehr allgemeine Beschwerden, die leicht fehlinterpretiert werden. Die Folge: Die Diagnose wird häufig zu spät oder gar nicht gestellt.

Erschwerend kommt hinzu, dass auch in der ärztlichen Praxis lange darüber diskutiert wurde (und teilweise noch wird), ob eine leicht veränderte Schilddrüsenfunktion – zum Beispiel eine sogenannte latente Hypothyreose – im höheren Lebensalter überhaupt behandelt werden sollte.

Schilddrüsenerkrankungen sind im Alter weit verbreitet

Statistisch gesehen ist jeder zweite Mensch über 65 Jahren von einer krankhaften Veränderung der Schilddrüse betroffen – oft ohne es zu wissen.

Drei Fakten zur Häufigkeit:

  • Schilddrüsenunterfunktionen treten im Alter etwa dreimal so häufig auf wie Überfunktionen.
  • Die Zahl der unentdeckten Fälle steigt mit dem Alter – vor allem bei Frauen.
  • Viele ältere PatientInnen werden erst im Rahmen anderer Untersuchungen (z. B. bei Herzerkrankungen oder kognitivem Abbau) auf ihre Schilddrüse hin untersucht.

Typische Schilddrüsenerkrankungen im höheren Lebensalter

Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)

Die häufigste Schilddrüsenerkrankung im Alter ist die Hypothyreose, also ein Mangel an Schilddrüsenhormonen. Als häufigste Ursache gilt die Hashimoto-Thyreoiditis, eine Autoimmunerkrankung, die sich meist schleichend entwickelt. Aber auch jodmangelbedingte Schilddrüsenvergrößerungen oder Knoten können zur Unterfunktion führen.

Typische Symptome:

  • Müdigkeit, Antriebslosigkeit
  • Gewichtszunahme trotz vermindertem Appetit
  • Verstopfung
  • Frieren
  • Vergesslichkeit oder Konzentrationsprobleme

Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)

Im höheren Alter ist die häufigste Ursache einer Überfunktion die sogenannte autonome Adenome oder „heiße Knoten“. Diese können durch jahrelangen Jodmangel entstehen und beginnen im Alter, unkontrolliert Hormone zu produzieren – unabhängig von der Steuerung durch das Gehirn.

Risikofaktor: Die Gabe von jodhaltigen Medikamenten oder Kontrastmitteln bei CT/MRT-Untersuchungen kann eine Überfunktion auslösen oder verstärken.

Symptome, die leicht übersehen werden:

  • Unruhe, Nervosität
  • Schlafstörungen
  • Herzrhythmusstörungen
  • Muskelschwäche
  • Gewichtsabnahme trotz normalem Essverhalten

Besondere Risiken bei der Behandlung älterer SchilddrüsenpatientInnen

Die Schilddrüsentherapie bei älteren Menschen unterscheidet sich grundlegend von der bei Jüngeren – vor allem, weil oft weitere Erkrankungen (Multimorbidität) vorliegen, z. B.:

  • Herzerkrankungen
  • Osteoporose
  • Diabetes
  • Nierenschwäche

⚠️ Schilddrüse & Herz

Eine falsche oder zu hohe Dosierung von Schilddrüsenhormonen kann ernste Nebenwirkungen verursachen:

Bei Unterfunktion: Gefahr von Arteriosklerose, erhöhtem LDL-Cholesterin, Müdigkeit, Bradykardie

Bei Überfunktion: Risiko für Herzrhythmusstörungen, Vorhofflimmern, Herzinsuffizienz

⚠️ Schilddrüse & Knochen

Schilddrüsenhormone beeinflussen auch den Knochenstoffwechsel:

Bei Überfunktion: Erhöhter Knochenabbau → Risiko für Osteoporose

Bei Unterfunktion: Verlangsamter Knochenumbau → mögliche Knochenschwäche

Gerade bei älteren Frauen mit bestehender Osteoporose muss eine Hormonersatztherapie deshalb besonders vorsichtig und individuell dosiert werden.

Wann ist eine Schilddrüsendiagnostik im Alter sinnvoll?

Bei folgenden Beschwerden oder Veränderungen sollte die Schilddrüsenfunktion unbedingt überprüft werden:

  • Plötzliche Müdigkeit, Abgeschlagenheit
  • Unklarer Gewichtsverlust oder -zunahme
  • Kognitive Veränderungen (Konzentration, Gedächtnis)
  • Herzrhythmusstörungen ohne erkennbare Ursache
  • Neu aufgetretene depressive Verstimmungen
  • Kälteempfindlichkeit oder inneres Zittern

Empfohlen werden folgende Werte:

  • TSH
  • fT3 und fT4
  • TPO-Antikörper
  • Ultraschall der Schilddrüse

Fazit: Im Alter an die Schilddrüse denken! Schilddrüsenerkrankungen sind kein seltenes Altersphänomen, sondern häufig – und oft die Ursache für scheinbar „altersbedingte“ Beschwerden. Eine frühzeitige Diagnose und individuell abgestimmte Behandlung kann nicht nur die Lebensqualität verbessern, sondern auch schwerwiegende Folgeerkrankungen verhindern.


Letzte Aktualisierung: 17. September 2025

Diesen Beitrag teilen ...