Geschichte der Schilddrüsen-Medizin
Die Geschichte der Schilddrüsenmedizin ist ein faszinierender Spiegel medizinischer Irrtümer, Fortschritte und Erkenntnisse. Bereits im Alten Ägypten um 1500 v. Chr. wurde gegen einen Kropf unterägyptisches Salz empfohlen. Auch in der Antike und im Mittelalter wurden Schilddrüsenvergrößerungen beobachtet und mit Meerschwamm oder Algen behandelt – lange vor der Entdeckung des Spurenelements Jod.
Die wichtigsten Meilensteine
Mit der Renaissance begann dann die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Anatomie. Andreas Vesalius und Bartholomaeus Eustachius beschrieben die Schilddrüsenlappen und ihre Verbindung durch den Isthmus. Thomas Wharton benannte das Organ im 17. Jh. als Glandula thyreoidea.
Die Entdeckung des Jods (1811) durch Courtois und seine therapeutische Anwendung durch Coindet (1820) war ein Meilenstein.
Graves (1835) und Basedow (1840) beschrieben unabhängig voneinander die Schilddrüsenüberfunktion mit Exophthalmus.
Emil Theodor Kocher, Vater der modernen Schilddrüsenchirurgie, senkte im 19. Jh. die Operationssterblichkeit drastisch und erhielt dafür 1909 den Nobelpreis.
Im 19. und frühen 20. Jh. wuchs das Verständnis für Hypo- und Hyperthyreosen. George Murray begründete die Hormonersatztherapie mit tierischen Schilddrüsenextrakten. 1912 beschrieb Hakaru Hashimoto erstmals die Autoimmunthyreoiditis – heute als Hashimoto-Thyreoiditis bekannt.
Das 20. Jh. brachte entscheidende Fortschritte in der Hormonchemie: Synthese von Thyroxin (1927), Entdeckung von T3 (1952), TRH (1969), TSH-Tests und die Einführung synthetischer Hormone.
Die Radioiodtherapie wurde 1942 etabliert und bildet bis heute eine wichtige Behandlungssäule bei Hyperthyreose, Morbus Basedow und Schilddrüsenkrebs.
Ab den 1920er-Jahren begannen Maßnahmen zur Iodprophylaxe (zuerst in der Schweiz, dann USA und Deutschland). Ab den 1980er-Jahren setzten sich Jodierung und damit verbundene Aufklärung in großem Stil durch.
Auch minimalinvasive Techniken wie die Mikrowellenablation (ab 2012) sind inzwischen Teil der Behandlung.