Spezial: Pflanzenheilkunde bei Schilddrüsenerkrankungen (2) – Heilpflanzen Einmaleins

Geschichte der Heilpflanzenkunde

  • In Deutschland hat der Internist Rudolf Fritz Weiss (1895 – 1991) einen entscheidenden Anteil an der Weiterentwicklung der Phytotherapie von einer erfahrungsorientierten Volksheilkunde zu einer anerkannten Wissenschaft. Weiss war zunächst als Dozent für wissenschaftliche Pflanzenheilkunde an der Akademie für ärztliche Fortbildung in Berlin und später als Professor an der Universität Tübingen tätig. Er war außerdem Gründungsmitglied der Gesellschaft für Phytotherapie e.V. und langjähriges Mitglied der Kommission E.
  • Johann Künzle (1857 – 1945) ist auch als “Kräuterpfarrer Künzle” bekannt. Er gründete einen Kräutermarkt, betrieb Handel mit Kräutern, verfasste Bücher zur Heilpflanzenkunde und betrieb eine “giftfreie Heilkräuterpraxis”.
  • Der schwedische Naturforscher Carl von Linne (1707 – 1778) ist der Erfinder der botanischen Nomenklatur. Jede Pflanze erhielt von ihm einen zweiteiligen lateinischen Namen. Zum Beispiel Matricaria recutita für die Kamille. Die Linne’sche Klassifikation wird bis heute weltweit von Botanikern verwendet.
  • Hieronymus Bock “Tragus” (1498 – 1554) war ein deutscher Botaniker, Mediziner und Pharmakologe. Er hat 1539/1546 eines der ersten illustrierten Kräuterbücher veröffentlicht.
  • Der Arzt und Alchemist Paracelsus (1493 – 1541) hieß eigentlich Philippus Theophrastus Aureolus Bombastus von Hohenheim. Er gilt als Begründer der modernen Pflanzenheilkunde.
  • Hildegard von Bingen (1098 – 1179) war eine Benediktiner-Ordensschwester die unter anderem auch einige medizinische Schriften verfasst hat. Im Hinblick darauf hat sie sich vorrangig mit volkstümlichem Erfahrungswissen, Pflanzenheilkunde und Klostermedizin beschäftigt.

Wichtige Termine im Heilpflanzenjahr

  • Gründonnerstag (vor Ostern): An diesem Tag beginnt die Ernte der “Frühlingskräuter” wie z.B. Bärlauch, Borretsch, Giersch, Kerbel, Kresse, Löwenzahn, Petersilie, Pimpinelle, Sauerampfer und Schnittlauch.
  • 11. – 15. Mai Eisheilige (Marmertus, Pankratius, Servatius, Bonifatius, Sophie): Danach dürfen alle im Haus vorgezogenen Heilpflanzen-Sämlinge nach draußen ins Beet gepflanzt werden. Heilpflanzen wie Kamille, Kapuzinerkresse oder Ringelblumen können jetzt direkt im Beet ausgesät werden.
  • 21. Juni Sommersonnenwende / 24. Juni Johannistag: Es beginnt die Haupterntezeit für eine Vielzahl von unterschiedlichen Heilpflanzen.
  • 15. August Kräuterweihe (Maria Himmelfahrt), Beginn des Frauendreißigers

Anleitung: Heilpflanzen-Beet anlegen

Ein attraktives Heilpflanzen-Beet anzulegen ist grundsätzlich sehr einfach. Die unterschiedlichen Heilpflanzen sind problemlos als Jungpflanzen oder Samen erhältlich und was die Pflege betrifft außerdem auch noch anspruchslos. Wenn im Vorfeld auf die wichtigsten Aspekte wie einen für Heilpflanzen geeigneten Standort und den richtigen Boden geachtet wird, kann eigentlich nichts schief gehen.

  • Platzbedarf für ein Heilpflanzen-Beet: Für ein Heilpflanzen-Beet benötigt man nicht unbedingt viel Platz. Schon ein Quadratmeter Fläche reicht aus, um einige der wichtigsten Heilpflanzen anzubauen. Die Kultur von Heilpflanzen ist aber auch in einem größeren Pflanzkübel oder einem Balkonkasten problemlos möglich.
  • Der richtige Standort für Heilpflanzen: Die meisten Heilpflanzen sind Sonnenkinder. Sie mögen es am liebsten warm und trocken. Heilpflanzen können also überall dort besonders gut angebaut werden wo Beet oder Balkon nach Süden oder Westen ausgerichtet sind.
  • Für Heilpflanzen geeigneter Boden: Die meisten Heilpflanzen benötigen einen eher mageren Boden. Dort entwickeln sie ein besonders intensives Aroma und enthalten zudem mehr gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe. Wer einen nährstoffreichen, schweren (lehmigen) Boden hat, sollte diesen also vor dem Einpflanzen der Heilpflanzen mit etwas Sand und Split abmagern. Ist der Boden sehr sandig, kann dieser mit etwas Bio-Kräutererde angereichert werden.
  • Auswahl an Heilpflanzen
    Für den Anfang sinnvoll ist beispielsweise die Kombination von
    1. Kamille (Hautreizungen, Magenbeschwerden)
    2. Ringelblume (Hautpflege)
    3. Salbei (Mundschleimhautentzündung)
    4. Kapuzinerkresse (pflanzliches Antibiotikum)
    5. Thymian (Husten)
    6. Pfefferminze (Übelkeit, Blähungen, Kopfschmerzen)
    7. Rosmarin (Kreislauf, rheumatische Beschwerden)
    8. Frauenmantel (Menstruationsprobleme)
    9. Johanniskraut (Depression, Muskelschmerzen)
    10. Zitronenmelisse (Nervosität, Schlafstörung)
  • Bezugsquellen für Heilpflanzen: Frauenmantel und Johanniskraut erhält man als Jungpflanzen in jedem gut sortierten Gartencenter. Pfefferminze, Rosmarin, Thymian, Salbei und Zitronenmelisse bekommt man sehr einfach in vielen Supermärkten in der Gemüseabteilung oder auch im Gartenmarkt. Ringelblumen, Kapuzinerkresse und Kamille können ab April direkt im Heilpflanzen-Beet ausgesät werden. Die Samentütchen gibt es im Frühjahr im Supermarkt oder Gartencenter.
  • Struktur im Heilpflanzen-Beet: Die quadratische Grundfläche wird in neun circa gleichgroße Quadrate unterteilt. Anschließend wird jedes Quadrat mit einer Heilpflanzen-Jungpflanze bepflanzt bzw. es wird dort Heilpflanzen-Samen dort ausgesät. Die Pfefferminze wird in einen Topf gesetzt, weil sie stark wüchsig ist und ansonsten im Nu alle anderen Heilpflanzen überwuchern und das ganze Heilpflanzen-Beet für sich beanspruchen würde.

Tipps für das Sammeln, Trocknen und Aufbewahren von Heilpflanzen

Tipps für das Sammeln von Heilpflanzen

Als optimaler Sammelzeitpunkt für Heilpflanzen gilt allgemein der späte Vormittag, genauer gesagt sobald der Morgentau vollständig abgetrocknet ist. Dann ist der Wirkstoffgehalt in den Heilpflanzen am höchsten. Es werden bevorzugt die jungen und frischen Pflanzenteile gesammelt, z.B. Blüten wenn sie gerade erst voll aufgegangen sind. Die Sammelplätze sollten weder in der Nähe von vielbefahrenen Straßen (Abgase, Müll) noch direkt neben landwirtschaftlich betriebenen Flächen (Pflanzenschutzmittel) liegen. Die Heilpflanzen sollten möglichst nicht gequetscht werden und auch luftdichte Behältnisse wie Plastiktüten eignen sich nicht, weil die Heilkräuter darin schnell welken. Als Sammelbehälter gut geeignet ist hingegen ein kleiner Weidenkorb in den die Heilpflanzen flach hineingelegt werden können und in dem die Luft zirkulieren kann. Die Heilpflanzen sollten außerdem möglichst nicht einfach so abgerissen, sondern sauber mit einer Küchenschere abgeschnitten werden. Das erleichtert den Heilpflanzen den Neuaustrieb. Wichtig ist auch, dass die einzelnen Heilpflanzen nie vollständig „abgeerntet“ werden, sondern nur soviel genommen wird, dass sich die Heilpflanze wieder vollständig regenerieren kann. Man kann Heilpflanzen auch im Mondrythmus sammeln. Sie sollen dann heilkräftiger sein. Um die bestmögliche Wirkung von Heilpflanzen nach dem Mondrythmus zu erzielen werden Blüten und Blätter von Heilpflanzen am besten bei zunehmendem Mond gepflückt. Alle Pflanzenteile, die man nicht sofort verwenden sondern aufbewahren möchte (Kräuterbüschel zum Trocknen, Früchte zum Einlagern, Samen und Wurzeln) sammelt man hingegen besser bei abnehmendem Mond.

Tipps für das Trocknen von Heilpflanzen

Heilpflanzen werden üblicherweise gebündelt zum Trocknen aufgehangen. Einige, gebräuchliche Heilpflanzen wie Rosmarin, Lavendel, Salbei und Thymian lassen sich sehr gut trocknen. Andere Heilpflanzen wie Schnittlauch, Schnitt-Knoblauch, Petersilie oder Dill friert man besser portionsweise ein. Drei Tipps für das Trocknen von Heilpflanzen: 1. Die Heilpflanzen werden vor dem Trocknen nicht gewaschen. 2. Die Heilpflanzen sollten möglichst an einem trockenen, schattigen und gut belüfteten Ort getrocknet werden. 3. Wird das ganze, oberirdische Kraut gesammelt werden die Heilpflanzen gebündelt aufgehangen getrocknet. Teile von Heilpflanzen (Blüten, Blätter, Früchte) werden liegend auf Küchenkrepp, einem Sieb o.ä. getrocknet. Durchgetrocknet sind die Heilpflanzen, wenn sie beim Gegeneinander reiben rascheln.

Tipps für das Aufbewahren von Heilpflanzen

Kleinere Mengen an Heilpflanzen wie beispielsweise Küchenkräuter (hier: Schnittlauch, Petersilie, Salbei, Thymian und Rosmarin) die in den nächsten 2 bis 3 Tagen verbraucht werden sollen, schlägt man am besten unzerkleinert in ein angefeuchtetes Küchenkrepp-Papier ein und bewahrt sie dann in einer Plastiktüte oder -dose im Gemüsefach des Kühlschranks auf. Um Küchenkräuter längere Zeit aufzubewahren ist Einfrieren gut geeignet. Dafür werden die Küchenkräuter zerkleinert und in kleine Plastikdosen abgefüllt. Die Kräuter lassen sich später so sehr einfach portionsweise entnehmen. Das funktioniert beispielsweise mit Schnittlauch, Petersilie und Dill sehr gut. Andere Küchenkräuter wie Basilikum werden hingegen am besten frisch geerntet verwendet.

Grundbegriffe

  • Tee = Aufguss der Heilpflanze mit heißem Wasser
  • Extrakt, Tinktur = Herausziehen der Inhaltsstoffe aus einer Heilpflanze mit Hilfe eines Lösungsmittels (Alkoholauszug, Ölauszug)
  • Kaltauszug, Mazerat = Einweichen der Heilpflanze in kaltem Wasser
  • Absud, Abkochung, Dekokt = Aufkochen der Heilpflanze mit Wasser

Grundrezepte

  • Tee: Zwei Teelöffel der zerkleinerten, frischen Heilpflanze oder ein Teelöffel bei getrockneten Heilpflanzenteilen werden in ein Teeglas gegeben. Die Heilpflanzen werden anschließend mit 150 bis 200 ml kochendem Wasser übergossen. Die in den Heilpflanzen enthaltenen ätherische Öle sind flüchtig. Deshalb ist es ganz wichtig, dass das Teeglas abgedeckt wird. Nach einer Ziehzeit von mindestens 5 Minuten und maximal  10 Minuten wird der Tee abgeseiht.
  • Tinktur: Sehr beliebt ist beispielsweise die Herstellung von Heilpflanzentinkturen. Dafür werden jeweils bevorzugt die frischen Wurzeln verwendet. Diese werden erst grob mit einer Bürste von Erde befreit und dann gründlich gewaschen. Anschließend werden die Wurzeln mit einem Messer zerkleinert und eventuell noch in einem Mörser zerdrückt, damit die heilenden Inhaltsstoffe später gut freigesetzt werden. Die Wurzelstücke werden dann in ein Schraubglas gegeben, welches mit Alkohol (z.B. 50%iger Wodka) aufgefüllt wird. Alles muss vollständig mit Alkohol bedeckt sein. Danach lässt man die Heilpflanzentinktur einige Wochen dunkel stehen bis die Inhaltsstoffe aus der Wurzel im Alkohol gelöst sind. Erst dann wird abgeseiht. Anwendungsbereiche von Heilpflanzentinkturen: Eine Beinwell-Tinktur kann verdünnt als Kompresse bei Gelenkbeschwerden, Rückenschmerzen und Sportverletzungen aufgelegt werden. Die verdünnte Löwenzahnwurzel-Tinktur kann bei Gallen- und Leberleiden Linderung verschaffen. Eine selbst gemachte Meerrettich-Tinktur wirkt innerlich verdünnt eingenommen wie ein natürliches Antibiotikum und soll äußerlich verdünnt als Kompresse aufgelegt z.B. bei Kopfschmerzen und Stirnhöhlenvereiterungen helfen.
  • Salbe: 125 g Vaseline bei niedriger Temperatur unter gelegentlichem Umrühren erhitzen. Die Vaseline darf nicht köcheln. Dann eine Hand voll frischer Heilpflanzenteile (z.B. Ringelblumenblüten)hinzu geben und gut unterrühren. Beides zusammen einige Minuten lang unter ständigem Rühren weiter erhitzen. Anschließend den Topf von der Herdplatte nehmen und die Salbe ein bis zwei Stunden durchziehen lassen. Danach die Salbe noch einmal kurz erwärmen, durch ein Teesieb abseihen und bis zur Anwendung in ein dunkles Glastöpfchen füllen.
  • Körperöl: Dafür gibt man 50 g der frischen oder getrockneten Heilpflanzenteile in ein Schraubglas. Die grob zerkleinerten Heilpflanzen übergießt man mit 200 ml Oliven- oder besonders hautverträglichem Mandelöl so dass die Heilpflanzenteile vollständig bedeckt sind. Dann stellt man das Schraubglas für zwei bis sechs Wochen an einen hellen und warmen Platz. Gelegentlich schütteln! Anschließend filtert man das Heilpflanzen-Öl, am besten in eine dunkle Flasche, ab. Das verlängert die Haltbarkeit.
  • Auflagen, Umschläge und Wickel: Zunächst wird ein Aufguss aus der Heilpflanze hergestellt, d.h. ein starker Tee (eben nur in etwas größeren Mengen) gekocht. Darin wird ein Leinentuch getränkt. Dieses Leinentuch wird entweder nur aufgelegt, umgeschlagen oder es wird ein Heilpflanzen-Wickel angelegt. Ein Wickel besteht in der Regel aus drei unterschiedlichen Lagen. Die innerste Lage ist ein Leinentuch, welches z.B. mit einem Heilpflanzen-Aufguss aus Kamilleblüten getränkt ist. Dieses wird direkt auf die Haut aufgelegt. Darüber kommt als mittlere Lage zur Abdeckung ein Baumwolltuch. Als oberste Lage um den Wickel zu fixieren verwendet man ein Wolltuch.

Vier-Diebe-Essig

Einer Legende nach sollen sich vier Diebe zur Zeit der Pest-Epidemie in Marseille um 1720 mit Hilfe des Vier-Diebe-Essig vor der Pest geschützt haben. Das soll es ihnen ermöglicht haben die Pestkranken und -toten auszurauben ohne sich selbst anzustecken. Welche Heilpflanzen zu der Zeit genau im sagenumwobenen Vier-Diebe-Essig enthalten waren ist nicht so ganz klar.  Die verschiedenen Quellen widersprechen sich diesbezüglich. Überliefert sind beispielsweise Engelwurz, Gewürznelken, Kalmuswurzel, Kampfer, Knoblauchzehen, Lavendel, Muskatnuß, Pfefferminzblätter, Rosmarin, Salbei, Weinraute, Wermutkraut und Zimt. Auch die damals übliche Art der Anwendung ist nicht mehr zweifelsfrei bekannt. Wurde der Vier-Diebe-Essig mit Wasser verdünnt getrunken, zur Einreibung in die Haut genutzt, versprüht oder die getrocknete Heilpflanzenmischung zum Räuchern verwendet?

Nachfolgend ein überliefertes Rezept für den Vier-Diebe-Essig: “Man behandelt Wermut, Raute, Pfefferminze, Rosmarin, Salbei, von jedem 22,5 g, Lavendelblüten 30 g, Engelwurzel, Kalmuswurzel, Knoblauch, Zimt, Muskatnuss, Gewürznelken, von jedem 3,75 g, mit 2 kg Weinessig und 120 g konzentriertem Essig, presst nach einigen Tagen ab und setzt 11 g Kampfer, in 30 g Alkohol gelöst, hinzu.” Quelle: Meyers Konversationslexikon 1885-1892, online unter retrobibliothek.de

Schilddrüse SDG-Tipp Leseempfehlung

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Erstellt am 15. Juli 2024