Eine kranke Schilddrüse stört den Seelenfrieden

Wer an einer Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) leidet ist oft ängstlich und unruhig. Er schläft abends nicht mehr gut ein und nachts nicht mehr durch. Müdigkeit, Lustlosigkeit und trübsinnige Gedanken beeinträchtigen die Alltagsbewältigung.

Wenn sich SchilddrüsenpatientInnen an mich wenden, weil sie erst vor kurzem die Diagnose Hashimoto-Thyreoiditis erhalten haben fallen mir vor allem Zurückhaltung und Verunsicherung auf. Meist dauert es eine ganze Zeit bis wir miteinander offen ins Gespräch kommen und mein Gegenüber darüber reden kann, was ihm wirklich wichtig ist.

Und das ist in den meisten Fällen der Schatten der sich durch eine bis dato unbehandelte Schilddrüsenunterfunktion auf die Seele legt. In dieser Phase weiß am Anfang eigentlich niemand so richtig was mit ihm los ist. Das schürt Selbstzweifel, verunsichert und macht Angst.

Selbstzweifel und Schlafstörungen

Im Hinblick darauf werden sehr häufig folgende seelische Beschwerden geäußert:

  • Schlafstörungen
  • Weinerlichkeit
  • Nervosität
  • Schreckhaftigkeit
  • Ängstlichkeit
  • Antriebslosigkeit

Wie stark diese ausgeprägt sind ist individuell sehr unterschiedlich. Das hängt nicht zuletzt damit zusammen wie schnell nach dem Eintreten der Schilddrüsenunterfunktion die Diagnose Hashimoto-Thyreoiditis gestellt wurde. War die Hashimoto-Thyreoiditis ein Zufallsbefund im Rahmen einer Routineuntersuchung oder Kinderwunschbehandlung? Oder bestand die Fehlfunktion der Schilddrüse vielleicht schon Jahre vor der Diagnose? Sind die o.g. Krankheitssymptome erst kürzlich aufgetreten oder sind sie über einen längeren Zeitraum immer schlimmer geworden.

Bei einer Schilddrüsenunterfunktion als Folge der Hashimoto-Thyreoiditis sind diese seelischen Auswirkungen völlig normal. Eigentlich alle Hashimoto-Thyreoiditis-Erkrankten die ich in den vergangenen 15 Jahren kennengelernt habe hatten zeitweise derartige Krankheitssymptome.

Für den Einzelnen ist es unter Umständen schwer das zu akzeptieren und auszuhalten. Nicht selten fehlt das Verständnis für die Zusammenhänge und auch das Vertrauen darauf, dass durch die Schilddrüsenhormontherapie das seelische Gleichgewicht wieder hergestellt wird. Erschwerend kommt hinzu, dass die Genesung ihre Zeit braucht. Zwar berichten etliche SchilddrüsenpatientInnen davon, dass sie bereits nach ungefähr 10 bis 14 Tagen eine Verbesserung gemerkt haben. Bis sämtliche Krankheitssymptome vollständig verschwunden sind kann es aber deutlich länger dauern.

Diesbezüglich ist es von besonderer Bedeutung, dass möglichst schnell eine Diagnose gestellt wird. Bestehen diese seelischen Beschwerden als Folge einer Schilddrüsenunterfunktion sehr lange führt das zu Wahrnehmungsstörungen sowie Verhaltensänderungen (z.B. Schonungs- und/ oder Vermeidungsverhalten) bei den Betroffenen, so dass es auch bei erfolgreicher Behandlung mit Schilddrüsenhormonen und einer dadurch ausgeglichenen Schilddrüsenstoffwechsellage sehr lange dauern kann bis diese wieder beschwerdefrei sind.


Nicole Wobker „Psychische Aspekte der Diagnose Hashimoto-Thyreoiditis “ (Amazon-Partnerlink)

Die Hashimoto-Thyreoiditis ist keine psychische Erkrankung. Und doch führen weit verbreitete Beschwerden wie innere Unruhe, Unsicherheit, Selbstzweifel, Schlafstörungen und Erschöpfungszustände gerade im Anfangsstadium der Autoimmunerkrankung häufig zu entsprechenden Fehldiagnosen ( Angststörung, Burnout, Depression).